Extralegale Hinrichtung

Matthias Jochheim, IPPNW-Vorstandsvorsitzender

Matthias Jochheim, IPPNW-Vorstandsvorsitzender

Fast zehn Jahre nach den Anschlägen auf die New Yorker „Twin Towers“ und das Pentagon soll nun laut US-Präsident der Hauptverantwortliche Osama Bin Laden seiner gerechten Strafe zugeführt worden sein. Bemerkenswerterweise ohne Gerichtsverfahren, bei einer überfallartigen Militäraktion in einem mit den USA verbündeten Land, dessen Regierung aber vorab nicht in Kenntnis gesetzt worden sei. Die Tötung Bin Ladens wurde offenbar von Anfang an zumindest billigend in Kauf genommen.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass andere von den US-Behörden gefangengenommene Tatverdächtige des 11.9. immer noch nicht vor ein ordentliches Gericht gestellt wurden. Nicht einmal eine Anklageschrift liegt gegen diese Gefangenen vor.

Nicht erst mit dieser Aktion in Pakistan hat die US-Regierung den Boden gültigen internationalen Rechts ohne Bedenken weit hinter sich gelassen, unter dem Beifall wichtiger Verbündeter und sogar des UN-Generalsekretärs. Dies stellt für ein friedliches Zusammenleben von Völkern und Nationen zukünftig eine große Belastungsprobe dar. Wenn gültige Normen zunehmend Makulatur werden, wird dann nur noch die militärische Durchsetzungskraft und Brutalität die Szene bestimmen? Was wir als mühsam erreichte Regeln der Zivilisation verstanden haben, nicht zuletzt nach der Barbarei und den grausamen Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, all dies gerät 66 Jahre nach Ende des Nazi-Faschismus immer weiter in Gefahr.

Es wird eine gewaltige Anstrengung nicht nur von Regierungen, sondern insbesondere von wachen und mutigen Bürgern erfordern, das Versprechen der UN-Charta von 1948 endlich einzulösen: die Geißel des Krieges aus dem internationalen Zusammenleben zu eliminieren.