Am Donnerstag abend um 21.30 Uhr trafen wir, die sogenannte Vorhut, Carsten, Silke und ich, gemeinsam vor dem Haupttor des Fliegerhorstes Büchel ein – Carsten und Silke aus dem Norden, ich aus der Türkei kommend. Empfangen wurden wir durch lauten Lärm der Tornados, die offensichtlich auch bis tief in der Nacht Krieg üben. „Man merkt mal wieder, wir sind im Krieg“, bemerkte Carsten. Mindestens zehn Starts und Landungen zählten wir. Nach 45 Minuten war Gott sei Dank der „Spuk“ zu Ende und seitdem ist es bis heute, Samstag Ruhe am Büchler Himmel.
Gestern fingen wir an, das Camp aufzubauen: Die eingelagerten Sachen vom letzten Jahr geholt, die ersten Zelte aufgebaut, die Sonnenkollektoren zur Produktion von elektrischem Strom aufgestellt (sonst könnte ich diese Zeilen gar nicht schreiben) und die vorhandenen Wohnwagen in die richtige Position gebracht. In der Nacht zum Samstag bekamen wir dann noch Verstärkung von Heiko.
Die Ordnungsbehörde des Landratsamtes mit ihrem Gefolge von Polizei, LBM u.a. suchte uns vor Ort auf und übergab uns den Auflagenbescheid für die Mahnwachen. Verhandeln ließen sie nicht mit sich – ihre Position ist klar: Grundsätzlich ist uns der zentrale Mahnwachenplatz auf dem Kreisel vor dem Haupttor aus dem vorigen Jahr untersagt. In Ausnahmefällen und unter Berücksichtigung der Anzahl, der Tageszeit und der Möglichkeiten der Polizei, vor Ort sein zu können, können wir aber Ausnahmegenehmigungen erhalten. Sicherheitsvorkehrungen werden vorgeschoben – als ob die Existenz der dort stationierten Atomwaffen nicht ein viel größeres Sicherheitsrisiko wäre, über das sich die Verantwortlichen eher Gedanken machen sollten. Wie wir mit diesen neuen einschränkenden Auflagen umgehen, werden wir noch zu diskutieren haben.
Aber erst einmal sind wir mit unserem Protestcamp wieder in der Region sichtbar, und es wird offensichtlich wahrgenommen – wie wir aus Gesprächen mit verschiedenen AnwohnerInnen entnehmen konnten. Es ist klar, dass viele Menschen in der Region ein sehr gespaltenes Verhältnis zu den dort liegenden Atomwaffen haben. Für die einen sind es sichere Arbeitsplätze und Einkommensmöglichkeiten in einer sonst strukturarmen Gegend, für die anderen sind es Lärmbelästigung, unnötige hohe Ausgaben oder gar die atomare Bedrohung. Allerdings herrscht Hilflosigkeit: „Die Dinger bekommt Ihr doch nicht weg“, war die Aussage eines mit uns seit Jahren sympathisierenden Landwirtes. Ein anderer: „Der Russe ist doch nicht unser Feind. Ich befürchte nicht, dass er uns angreift.“ Es gibt auch schon einen Ankündigungsartikel in der hier in der Region weit verbreiteten Rheinzeitung.
Das Wetter spielt mit. Die Sonne ist tagsüber schon kräftig warm, das hebt die Stimmung und die Erwartungen. Morgen ist großer Auftakt mit vier Bundestagsabgeordneten, einigen BürgermeisterInnen für den Frieden und vielen AtomwaffengegnerInnen. Leider haben die Bürgermeister von Alflen und Büchel aus zeitlichen Gründen abgesagt.
Am Montag wird die erste Aktion starten. Zur Vorbereitungen treffen sich um 18.00 Uhr auf dem Camp etwa 25 Personen, die zugesagt haben. Auch in den nächsten zwei Wochen hoffen wir auf weiteren Besuch und Aktivitäten von Einzelpersonen und Gruppen. Es wäre schön, wenn wir einen fulminanten Start der 20-wöchigen Aktionspräsenz hinbekämen. Die Zeit werden wir auch nutzen, um in der Region für noch mehr Verständnis für unsere Protestaktionen zu werben.
Ernst-Ludwig Iskenius ist IPPNW-Mitglied und in der AG Büchel aktiv.