Das FONAS Fachgespräch zu bewaffneten Drohnen
Am 08. März fand in Berlin ein Fachgespräch des Forschungsverbunds Naturwissenschaft, Abrüstung und internationale Sicherheit (FONAS) zum Thema „Bewaffnete Drohnen – Gefahren und Rüstungsbegrenzung“ statt. Eine gute Gelegenheit, sich darüber zu informieren, welche Meinung friedensbewegte Naturwissenschaftler zu diesen sogenannten Kampfdrohnen haben.
Zu Beginn des Gesprächs brachte Noel Sharkey, Professor an der Universität Sheffield, den Zuhörern erst einmal den Stand der Forschung bezüglich unbemannter Flugkörper nahe. Eigentlich reichen diese Informationen bereits aus, um sich ernsthafte Sorgen zu machen. Denn bereits heute verfügen 76 Länder über die nötige Technologie für (unbewaffnete wie bewaffnete) Drohnen, wobei der Trend zur Anschaffung von unbemannten Flugkörpern weltweit rapide steigt. So äußerten sich chinesische Offizielle etwa dahin gehend, dass man nur zu gerne die Marktlücke in der Rüstungsindustrie schließen werde, die dadurch entstehe, dass die USA ihre Drohnen-Technologie nur sehr zurückhaltend exportierten.
Die Referenten waren sich darüber einig, dass sich die Welt in den nächsten Jahren mit einer immensen Proliferation von Kampfdrohnen auseinandersetzen werden muss, da die dazu nötige Technologie relativ einfach zu erhalten und die Anschaffung von (einfacheren) Modellen bewaffneter Drohnen überdies noch relativ günstig ist; Ingenieure sprächen hier gar von „bewaffneten Segelfliegern“. Darin sah der Physiker und Friedensforscher Jürgen Altmann von der Universität Dortmund eine ernste Gefahr nicht nur für Verträge zur Rüstungskontrolle, sondern auch für den Frieden insgesamt, da die Möglichkeit des Einsatzes bewaffneter Kampfmaschinen (ohne die direkte Gefährdung eigener Truppen) die Schwelle zur Anwendung von Gewalt erheblich senken würde.
Doch als ob dies nicht besorgniserregend genug ist, berichtete Marcel Dickow von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im weiteren Verlauf des Fachgesprächs über zukünftige Technologien, mit denen es möglich ist, bewaffnete Kampfdrohnen so weiter zu entwickeln, dass diese sogar (nach Maßgabe ihrer Programmierung) selbstständig „entscheiden“ könnten, welche Ziele angegriffen werden sollen. Der menschliche Faktor wäre hier auf das Programmieren der entsprechenden Software und eine bloße Überwachung des Einsatzes begrenzt. Ob ein Mensch die „Entscheidungen“ solch computergesteuerter Waffen in Echtzeit überhaupt noch nachvollziehen kann, bezweifelten die anwesenden Experten allerdings. Eine wirkungsvolle „Kontrolle“ solcher Systeme ist damit mehr als fraglich. Die Konsequenzen für die Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten mag man sich gar nicht vorstellen, genauso wenig die Folgen für das gesamte (Kriegs-) Völkerrecht, denn wer ist eigentlich verantwortlich, wenn eine Maschine eine Fehlentscheidung trifft?
Spätestens als die Rede auf solche „Killerroboter“ kam, fühlte man sich als Zuhörer nun endgültig wie im Science-Fiction. Aber leider ging es hier nicht darum, einen möglichst erschreckenden Plot für ein Drehbuch zu entwickeln, sondern um reale Szenarien, die zumindest bald Wirklichkeit werden könnten. Und gerade hier gilt es einzugreifen, um derartige Auswüchse zu verhindern. Deshalb hat Noel Sharkey vor Kurzem eine „Kampagne zur Ächtung von Killerrobotern“ (nach dem Vorbild der erfolgreichen Kampagnen gegen Landminen und Streumunition) gegründet, von der in nächsten Jahren hoffentlich noch zu hören sein wird. Diese Kampagne hat das Ziel, solche Waffen zu verbieten, die programmiert sind, selbstständig Ziele anzugreifen, ohne dass ein Mensch noch am Auslöser sitzt. Für FriedensaktivistInnen ist dieses Ziel ohne Frage zu unterstützen, doch nicht weitreichend genug. Es ist dringend nötig, dass das Thema „Kampfdrohnen“ und alle damit verbundenen Gefahren in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Die Tatsache, dass Deutschland plant, bewaffnete Drohnen anzuschaffen, hat zwar eine gewisse Öffentlichkeit geschaffen, wer aber weiß schon, dass Wissenschaftler in kleiner Runde über quasi selbstständig agierende Maschinen sprechen, die in Zukunft unbegrenzt Kriege führen könnten. Es ist wichtig, dafür einzutreten, dass nicht alles getan wird, was auch wissenschaftlich möglich ist. Wie bei B und C Waffen (aber leider nicht bei Atomwaffen) sollten solche autonomen Kampfdrohnen weltweit geächtet werden. Das ist aber eine Minimalforderung. Denn der Einsatz der bereits existierenden, durch Menschen ferngesteuerten Drohnen hat bereits so schlimme Auswirkung auf die Zivilbevölkerung in den betroffenen Gebieten, dass es sehr wünschenswert wäre, Kampfdrohnen im Allgemeinen abzuschaffen. Am Ende des Vortrags schlägt Marcel Dickow auch vor, dass Deutschland auf bewaffnete Drohnen ganz und gar verzichtet, um weltweit ein Vorbild zu sein. Dies wäre wirklich wünschenswert. Anstelle des 3. Platzes im Ranking der weltweit größten Exporteure für Rüstungsgüter wäre ein Verzicht der Bundesrepublik auf bewaffnete Drohnen doch einmal eine friedenspolitische Nachricht, über die man sich freuen könnte. Doch muss die Zivilgesellschaft und die Öffentlichkeit der Politik hier klare Grenzen setzten. Sonst bleibt ein kampfdrohnenfreies Deutschland ebenfalls nur eine schöne Fiktion.
Johannes Schildknecht hat in Potsdam und Berlin Politikwissenschaften studiert. Zurzeit arbeitet er als Praktikant für die deutsche IPPNW-Geschäftsstelle in Berlin.