Corona: Hinweise auf Ursachen der Pandemie und auf Wege zu deren Überwindung

Das SARS-CoV-2-Virus, Erreger der COVID-19

Scheinbar wie aus heiterem Himmel ist eine Seuche über uns gekommen, verursacht durch SARS-Cov-2-Viren. Bundesfinanzminister Olaf Scholz spricht im Interview von einer Naturkatastrophe – aber seine Kabinettskollegin, Bundesumweltministerin Svenja Schulze weist darauf hin, dass die Pandemie durchaus wichtige zivilisationsbedingte Quellen erkennen lässt, die mit der global dominierenden Produktions- und Lebensweise zu tun haben: „Die Wissenschaft sagt uns, dass die Zerstörung von Ökosystemen Krankheitsausbrüche bis hin zu Pandemien wahrscheinlicher macht. Das zeigt: Die Naturzerstörung ist die Krise hinter der Coronakrise.“

Dr. Sandra Junglen, vom Institut für Virologie der Charité Universitätsmedizin Berlin, behauptet: „[…] Intensive Landnutzung, die Verbreitung von Monokulturen oder Rodungen von Wäldern führen zu einem Verlust der Artenvielfalt und verändern die Zusammensetzung der Säugetierpopulationen. Weniger Artenvielfalt bedeutet mehr Tiere einer Art im selben Lebensraum. Wenn das Ökosystem derart aus dem Gleichgewicht gerät, können sich Infektionskrankheiten besser verbreiten […]“.

Gut belegt ist bereits, dass circa 70 Prozent der menschlichen Infektionserreger ursprünglich aus dem Tierreich stammen, darunter das Humane Immundefizienz-Virus (HIV), Ebola, Influenza, Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV) und Erreger des Schweren Akuten Respiratorischen Syndroms (SARS). Besonders offenkundig ist die Gefahr von Übertragungen auf Wildtiermärkten, wo Menschen und unterschiedliche Tierarten auf engstem Raum zusammenkommen und die Tiere zusammengepfercht und unter hygienisch unhaltbaren Zuständen verwahrt werden.

Viel grundlegender ist nach Ansicht der Wissenschaftler, dass die Übertragung von Krankheiten auf den Menschen wahrscheinlicher wird, wenn Ökosysteme durch menschliche Eingriffe aus dem Gleichgewicht geraten. Professor Josef Settele arbeitet am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) im Bereich der Biozönoseforschung [eine Biozönose ist eine Gemeinschaft von Organismen verschiedener Arten in einem abgrenzbaren Lebensraum (Biotop)]. Settele, auch Mitglied des Weltbiodiversitätsrats, erklärt: „Der weltweite Stand der Wissenschaft ist trotz offener Fragen eindeutig: Der Erhalt intakter Ökosysteme und ihrer typischen Biodiversität kann das Auftreten infektiöser Krankheiten generell reduzieren. Wir Menschen sind von funktionierenden, vielfältigen Ökosystemen abhängig. Mit der Zerstörung von Ökosystemen zerstören wir auch unsere Lebensgrundlage, wie die Corona-Epidemie zeigt. Darum müssen wir uns gemeinsam für einen transformativen Wandel unserer Gesellschaft zum Schutz unserer Lebensgrundlagen einsetzen. Die Kernelemente eines solchen Wandels stellt der globale Bericht des Weltbiodiversitätsrats heraus. Es geht um nicht weniger als eine grundlegende, systemweite Reorganisation über technologische, wirtschaftliche und soziale Faktoren hinweg, einschließlich Paradigmen, Zielen und Werten.”

Aus einem anderen Blickwinkel kommt die weltbekannte indische Autorin Arundhati Roy nach Schilderung der desaströsen Folgen der Pandemie für die sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten auf dem indischen Subkontinent zu folgender Schlussfolgerung:
„Was immer es ist: das Corona-Virus hat die Mächtigen in die Knie gezwungen, und brachte die Welt zu einem Stillstand, wie nichts anderes es vermocht hätte. Unser Geist rennt immer noch vor und zurück, sehnsuchtsvoll nach einer Rückkehr zur “Normalität” suchend und mit dem Versuch, unsere Zukunft an unsere Vergangenheit zu heften, und in der Weigerung, den Bruch anzuerkennen. Aber dieser Bruch existiert. Und mitten in dieser schrecklichen Verzweiflung bietet er uns eine Chance, die Weltuntergangsmaschine zu überdenken, die wir uns selbst gebaut haben. Nichts könnte schlimmer sein als eine Rückkehr zur Normalität. Historisch haben Pandemien Menschen gezwungen, mit der Vergangenheit zu brechen, und ihre Welt neu zu entwerfen. Die jetzige macht da keinen Unterschied. Es ist ein Portal, ein Tor von einer Welt zu der nächsten. Wir können uns entscheiden, da hindurchzugehen, und die Kadaver unserer Vorurteile und unseres Hasses, unserer Habsucht, unserer Daten-Banken und toten Ideen, unserer toten Flüsse und rauchigen Himmel mit uns zu schleifen. Oder wir können heiter dort hindurchgehen, mit wenig Gepäck, bereit, uns eine andere Welt vorzustellen. Und bereit, dafür zu kämpfen.“

Quellen:
Bundesumweltministerium, 2.4.2020
Financial Times, 3.4.2020 (eigene Übersetzung)

Matthias Jochheim ist Arzt und Psychotherapeut und Mitglied der IPPNW.

Ein Gedanke zu „Corona: Hinweise auf Ursachen der Pandemie und auf Wege zu deren Überwindung

  1. Die obigen Gedanken sind zwar richtig und kann ioch unterstreichen, nur es jetzt auf Corona beziehen, istmeiner Meinung nach viel zu früh. Und ich warne davor, den Ausbruch der Virusepidemie einzig und allein auf eine Ursache zurückzuführen. Auch vor Corona gab es Virusepidemien, und auch diese sind Teil eines komplexen Entstehungssystems, wodie Zerstörung der Biodiversität nur eineTeil der Wahrheit ausmacht. Und nachwie vor bin ich mir nicht sicher, ob dieser Virus ein wirklich bsonderer Virusi st oder besonders aggressiv. Die bisherigen Zahlen gebe das noch nicht her, von daher wäre ichauchvorsichtig, zu voreilig Schlüsse über sein Entstehenund seine Ursache zu ziehern. Dehalb jetztCorona-Virus mit Zerstörungder natürlihen LÖebensgrundlagen und Rückgang der Biodiversität alleinig zu begr+ünden, scheintmir dochgegenwärtig sehr spekulativ zu sein. Elu

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