Das Symposium über die gesundheitlichen Herausforderungen der atomaren Katastrophe von Fukushima in Tokio war gut besucht. Circa 150 Zuhörer waren in die Bibliothek im Hibiya Park gekommen, um von Ärzten, Politikern und Vertretern von Nicht-Regierungsorganisationen zu hören, wie die Bevölkerung der kontaminierten Gebiete geschützt werden kann.
Mitglieder von mehreren IPPNW-Sektionen, die die Veranstaltung mitfinanziert hatten, wollten vor allem wissen, welche Hilfe international sinnvoll ist.
Hisako Sakiyama, die Mitglied der unabhängigen Untersuchungskommission der Fukushimakatastrophe war, beklagte sich über die Lehrbücher des japanischen Bildungsministeriums, in denen die These vertreten wird, dass eine Strahlung unter 100 mSv unbedenklich sei.
Die Abgeordnete Tanioka Ikuko stellte ein Gesetz für die Opfer der atomaren Katastrophe (insbesondere Kinder) vor, für dessen Verabschiedung sie sich vehement eingesetzt hatte. Dazu gehören z.B. besondere Schutzmaßnahmen für schwangere Frauen und Kinder, zeitweise Evakuierungen und Messungen von Schulessen auf Radioaktivität.
Mitsuta Kanna von den Friends of the Earth Japan forderte das Recht für alle betroffenen Bürger ein, selbst zu entscheiden, ob sie evakuiert werden wollen und dann auch entsprechend finanziell unterstützt zu werden.
Dr. Jeffrey Patterson von der amerikanischen IPPNW-Sektion erklärte unter lautem Beifall: “Es macht keinen Sinn, schwangere Frauen nicht zu röntgen, sie dann aber der Strahlung in den kontaminierten Gebieten auszusetzen”.
Die Ärztevertreter und Wataru Iwata von der Citizen’s Radiation Measuring Station waren sich einig: Was jetzt dringend notwendig sei, sind unabhängige epidemiologische Untersuchungen der Bevölkerung. Die bisherigen Maßnahmen, die die offiziellen Behörden ergriffen haben, seien völlig unzureichend. Ich denke, gerade vor dem Hintergrund des unausgewogenen Forums zu Fukushima auf dem IPPNW-Weltkongress, war dies eine ausgesprochen wichtige und gute Veranstaltung.
Ihre Angelika Wilmen aus Tokio
Das Symposium im Hibiya Tosho Bunkakan war nicht nur inhaltlich hochinteressant, sondern hat auch einen Aspekt der japanischen Gesellschaft beleuchtet, der in der allgemeinen Berichterstattung zu kurz kommt: Wo die öffentliche Hand versagt (und das hat sie im großen Stil), organisieren sich die Menschen selbst in eindrucksvoller Weise – das genaue Gegenteil des oft suggerierten Bildes der Japaner als obrigkeitshörige Masse. Den engagierten Japanern und Japanerinnen gebührt Anerkennung und Respekt!