Der dritte Tag des Weltkongresses im kenianischen Mombasa startet mit einem Podium zu Energieformen und deren Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft und die Gesundheit. Unter dem Titel „Energy choices” diskutieren Angelika Claußen (IPPNW Deutschland), Makoma Lekalakala (Earthlife Südafrika) und Vladimir Slivyak (EcoDefense Russland).
„Jede Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Form der Energiegewinnung hat Auswirkungen auf uns und unsere Umwelt. Wir brauchen und wollen keine Atomkraft! Wir brauchen eine dezentralisierte und demokratisierte Energieversorgung“ sagt die langjährige Aktivistin und Direktorin von Earthlife Africa Makoma Lekalakala. Sie weiß, wovon sie spricht: Schon seit 2014 setzt sie sich gegen Atomkraft in Südafrika ein und länger noch für Klima- und Umweltgerechtigkeit. Damals hatte die russische Umweltschutzorganisation EcoDefense sie und ihre Kolleg*innen bei Earthlife auf ein Abkommen zwischen ihrer Regierung und dem russischen Staatskonzern Rosatom aufmerksam gemacht. Dem Abkommen nach sollte Rosatom acht bis zehn AKW im ganzen Land errichten. Die kurzzeitig auf der Webseite des russischen Atomkonzerns sichtbaren Unterlagen wurden alsbald wieder entfernt. Zu spät, denn die Aktivist*innen hatten bereits Kopien angefertigt und eine Kampagne gegen die Pläne, die die südafrikanische Seite mit beispiellos hohen Kosten belastetet hätten und ihr zudem die gesamten Verantwortung für etwaige Atomunfälle überlies, kam ins Rollen.
Im Rahmen dieser erfolgreichen Kampagne gegen die neuen AKW trafen Vladimir Slivyak von EcoDefense und Makoma Lekalakala erstmals aufeinander, wie die zwei berichten. Slivyak verweist in seinem Beitrag darauf, dass Rosatom weiterhin auf dem afrikanischen Kontinent sehr aktiv ist und mahnt, dass die Zivilgesellschaft darüber alarmiert sein sollte. Rosatom ist zu einhundert Prozent ein Staatsunternehmen, das unter anderem auch für die russischen Atomwaffen zuständig ist und gegenwärtig das besetzte AKW Saporischschja in der Ukraine kontrolliert, betont er. Der Konzern steht also exemplarisch für die fundamentale Verbindung von Atomkraft und Atomwaffen, die Angelika Claußen in ihrem Beitrag in den Vordergrund stellt: „Die Atomwaffenstaaten sind auf Atomenergie angewiesen, wenn sie ihre Atomwaffenarsenale modernisieren wollen“. Daran ändert auch die Behauptung, Atomkraft könne ein Mittel gegen die Klimakrise sein, der Slivyak in seinem Beitrag eine klare Absage erteilt, nichts.
In unserem Workshop zu Uranbergbau und -exploration auf dem afrikanischen Kontinent diskutierten die Teilnehmer*innen am Nachmittag auf Basis der Erfahrungen von Makoma Lekalakala, Dr. Kamiti Muchiri von der IPPNW Kenia, Anthony Lyamunda von der Umweltgerechtigkeitsorganisation CESOPE aus Tansania, Wilbert Mahundi – auch aus Tansania, Mitbegründer von TMMTF, einer Organisation die u.a. gegen Uranbergbau arbeitet – Vladimir Slivyak und weitern aktiven Uranbergbaugegner*innen. Ein Ziel der Zusammenkunft: Sich auch in Zukunft über Ländergrenzen und Kontinente hinweg zu vernetzen und zusammenzuarbeiten. „Wir müssen so international sein wie die Industrie und die nukleare Kette selbst“ formuliert es eine Teilnehmerin. Die zwei tansanischen Gäste des Kongresses, Anthony Lyamunda und Wilbert Mahundi, sind seit über zehn Jahren gegen die Uranbergbaupläne in ihrer Heimat aktiv.
Das am weitesten fortgeschrittene Bergbauprojekt des Landes wurde bereits 2011 von Rosatom übernommen. In vergangenen Jahrzenten wurde in Abhängigkeit von Rohstoffpreisen und Zukunftserwartungen innerhalb der globalen Atomindustrie immer wieder ein Einstieg in den Uranbergbau erwogen. Sollte es in Tansania in den nächsten Jahren zum ersten Mal in der Geschichte des Landes zum Bergbau an dem radioaktiven Rohstoff kommen, dann vermutlich im Süden des Landes und durch die Rosatom-Tochter Uranium One. Doch auch an anderen Orten in dem ostafrikanischen Land und darüber hinaus wird im Fall steigender Preise für den Rohstoff eines jeden Atomprogramms wieder spekuliert werden. „Besser heute solidarisch und aktiv statt morgen radioaktiv!“ lautet daher abschließend das einmütig geteilte Motto.
Patrick Schukalla ist Referent für Atomausstieg, Energiewende und Klima