Wenn es keinen Kriegszustand zwischen den USA und dem Iran gibt, „würde man das als Staatsterrorismus bezeichnen, was hier stattgefunden hat.“ (Volker Perthes, Stiftung Wissenschaft und Politik, zum Drohnen-Mord am iranischen General Soleimani, ARD-Tagesthemen 3.1.2020)
Volker Perthes war in den letzten Tagen einer der wenigen, die in den Massenmedien hierzulande den Begriff des Terrorismus in Bezug auf den Drohnenmord gebrauchte – dabei ist dies nur allzu naheliegend: Terrorismus ist das Ausüben von ungesetzlicher Gewalt und das systematische Erzeugen von Angst. Er dient als Druckmittel und soll vor allem Unsicherheit und Schrecken verbreiten – eben dies ist das Motiv des ferngesteuerten Anschlags, gelenkt wahrscheinlich über die Relaisstation auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in der Pfalz.
„Mörder“ ist laut Strafgesetzbuch, „wer … aus Habgier oder sonstigen niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.“ Eine klare Definition – aber im deutschen Medien-Mainstream kommt der Begriff „Mord“ im gegebenen Fall nicht vor.
Die Gleichgültigkeit, welche die global dominierende US-Militärmacht gegenüber dem Völkerrecht und den Menschenrechten einmal mehr hier an den Tag gelegt hat, erfährt von Seiten der deutschen Bundesregierung kaum Widerstand, im Gegenteil: Außenminister Maas ist zwar besorgt, äußert aber Verständnis für die US-Aktion. Die Drohnensteuerung über Ramstein macht die Bundesregierung ohnehin zu Komplizen von Kriegsverbrechen.
Es ist hohe Zeit, dass die Bürger auch in Deutschland der moralischen Abwärtsspirale in Richtung globaler Kriegsführung energischer entgegentreten.
Ökologische Destruktivität
Dabei geht es nicht nur um das Militärische, sondern die Barbarei, mit anderen Worten: die ungezügelte Rohheit und Destruktivität, manifestiert sich gerade aktuell, zu Beginn des neuen Jahrzehnts, auf weiteren lebenswichtigen Feldern: die Brandkatastrophen in Australien markieren unübersehbar das globale ökologische Desaster, dem wir mit dem menschengemachten Klimawandel sehenden Auges entgegengehen.
Zerstörung internationaler Abkommen
Und die „westliche Führungsmacht“ hat erst vor wenigen Wochen die Axt auch an die globale wirtschaftliche Zusammenarbeit gelegt, indem sie die Verhandlungen der Welthandelsorganisation WTO völlig blockierte – im Interesse bornierter ökonomischer Nationalinteressen: „America First“.
Ein (auto-) destruktives Syndrom
Rückkehr zum reinen Faustrecht des Stärkeren, Ignoranz gegenüber der Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen, Gleichgültigkeit gegenüber den schon erreichten Mechanismen internationaler Zusammenarbeit – all das zusammengenommen kumuliert zur Aussicht auf kollektive Desaster, die dann auch unsere Breiten erreichen werden.
Unsere Aufgabe, in medizinischen Termini: die Pathophysiologie der globalen Krankheit zu erforschen, den Zusammenhang der destruktiven Prozesse. Denn erst eine genauere Erkenntnis der zugrunde liegenden Ursachen, der pathogenen Strukturen kann uns erlauben, über die jeweils notwendige Symptombekämpfung hinaus die globale Krankheit zu überwinden. Dann können wir eine sozialökologische, basisdemokratische Transformation in Angriff nehmen – mit radikaler Abrüstung, Abschaffung der fossilen und nuklearen Energiegewinnung, Ausrichtung der Ökonomie nach den Bedürfnissen der globalen Bevölkerungsmehrheiten statt nach den Profitinteressen von kapitalistischen Monopolen.
Matthias Jochheim, Allgemeinmediziner und Psychotherapeut, IPPNW
Mir reichen Analysen nicht aus, zumal die Zusammenhänge schon zig Mal beschrieben werden. Was wir brauchen ist eine Strategiediskussion, wie die Transformation auch vonstatten gehen kann. Es reicht nicht, nur zu appellieren, wir müssen uns dem System verweigern, querstellen, immer wieder laut Nein sagen und alles unterlassen, was diesem System und ihren Protagonisten nioch nützt. Die Linke ist gut im Analysieren, aber den Widerstand zu organisieren, effektiven Druck aufzubauen und wiederborstig sein, da sind wir alle zusammen sehr schwach. Wir schwimmen noch viel zu sehr mit, statt gegen, das ist allerdings auch unangenehm und unbequem. Ich jedenfalls mache bei vielem nicht mehr mit und habe deshalb auch dann wieder Ressourcen und Freiheiten, mich auf die Strasse zu setzen, das tägliche geschäft des Todes zu stören, ständig aufzuschreien und auch dafür vor Gerichte und Gefängnisse zu ziehen. Wenn wir massenhaft das Funktionieren dieser Gesellschaft unterbrechen würden, dann wäre den Verbrechern die Legitimation entzogen. Elu