Zum diesjährigen World Health Summit fand zum 2. Mal ein mehrtägiger Workshop von und für Studenten statt, vorbereitet durch die Bundesvereinigung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) und internationale Studentenorganisationen wie der International Federation of Medical Students Association (ifmsa). Der Workshop hatte den Anspruch, vor, während und nach dem World Health Summit durch Diskussionen, Gruppenarbeit und Vorträge einen Einblick in das Themenfeld „Global Health“ zu bieten und kritisch zu reflektieren. Insgesamt 38 Medizinstudenten aus 12 Ländern sind nach Berlin gekommen, viele ohne Vorkenntnisse in Public oder Global Health, manche erfahren in diesen Themen.
Hauptkritikpunkte am diesjährigen World Health Summit waren – wie auch schon in vorherigen Jahren:
- ein WELT-Gesundheitsgipfel, bei dem nur sehr exklusive Vertreter von Wissenschaft und Wirtschaft hauptsächlich aus den Industrienationen vertreten sind
- ein unkritischer Fokus auf den medizinisch-kurativen Ansatz durch technologischen Fortschritt und Medikamente ohne der großen Bedeutung anderer Themen wie den sozialen Determinanten von Gesundheit Raum zu geben
- fehlende Transparenz im Budget des WHS
- dominierende Partner waren Pharma- und Medizintechnik (die WHO war kaum und fast ausschließlich aus dem europäischen Raum vertreten).
„Zuständig“ für die Verbreitung der Kritik waren in diesem Jahr Dr. Kirsten Schubert (medico international, IPPNW) und ich. Dafür hatten wir mit Unterstützung des IPPNW-Vorstandsmitglieds Dr. Eva-Maria Schwienhorst einen Flyer entworfen, der die Studenten mit der Frage „What do YOU think …“ zum Reflektieren über den WHS einlud. Zum Beispiel:
„Was denkst du über Patente auf lebensrettende Medikamente?“
„Was denkst du über Konzerne, die im Bereich ‚Global Health’ agieren und gleichzeitig mit Nahrungsmitteln spekulieren oder in der Nuklearindustrie investieren?“
Nach einer kurzen Einführung in „Comprehensive Primary Health Care“ („umfassende gesundheitliche Grundversorgung“), wie sie in der Deklaration von Alma Ata beschrieben wird, konnten die Studenten den Flyer zunächst in Kleingruppen diskutieren. Die anschließende anregende Debatte in großer Runde stellte u.a. die Frage ob Coca Cola als Partner des „Global Fund“s und der „Bill and Melinda Gates Foundation“ eine gute Wahl sei, um Medikamente in ländliche Gebiete zu bringen. Die Problematik der Public-Private-Partnerships wurde an diesem Beispiel genauso beleuchtet wie die der vertikalen Programme (z.B. Impfkampagnen).
Spannend war, dass viele Studenten pragmatische Argumente vorbrachten wie „besser Medikamente von Coca Cola als gar keine“. Die dabei entstehenden Probleme der mangelnden Nachhaltigkeit und des Interessenkonflikts eines solchen Konzern wurden zu Beginn nicht reflektiert. Auch sahen sich einige als Mediziner nicht in der Pflicht, sich Sorgen z.B. um einen Ausbau von Infrastruktur zu machen, dafür seien andere zuständig. Dies wirft für uns auch die Frage auf, ob die Ausbildung der Medizinstudenten in diesem Bereich unzureichend ist, da Sozial- und Präventivmedizin nur am Rande in den Lehrplänen auftauchen.
Unter anderem durch unser gezieltes Nachfragen und Erklärung ganzheitlicher Ansätze und alternativer Bewegungen wie dem „People s Health Movement“, begannen die Studenten, weitere Fragen zu stellen. Sie haben dies auch während des WHS getan und diskutieren hoffentlich auch über diese Veranstaltung hinaus mit Kommilitonen und Freunden über die Probleme und Herausforderungen von „Global Health“.
Dr. Katja Goebbels, IPPNW