Atommüll-Alarm: Tatort Deutschland

Atommuell-Alarm in Detmold / Foto: Walter Meutzner / https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/

Atommüll-Alarm in Detmold / Foto: Walter Meutzner / https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/

Am 17. September 2014 starteten der BUND, BUND NRW, die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, Robin Wood, die BI Lüchow-Dannenberg und IPPNW die Atommüll-Alarm-Kampagne mit einer Diskussionsveranstaltung im Berliner taz-Café. Vorläufiger Abschluss war eine Kundgebung in Braunschweig am 15. November 2014.

Bundesweit fanden insbesondere an betroffenen Standorten viele sehr unterschiedliche Informationsveranstaltungen zum Atommüll statt. An diesen „Tatorten“ wurden Täter, Profiteure und Verantwortliche im ganzen Land benannt. Überall in Deutschland liegt Atommüll, und das unter fragwürdigen Bedingungen: Jeden Tag begegnen uns auf Straßen, Schienen und Wasserwegen Atomtransporte. Eine flächendeckende radioaktive Belastung, die nicht verschwindet. JedeR ist betroffen.

Das wird weder in der Bevölkerung noch in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Mit dem „Atomausstieg“ ist das Thema für viele erledigt, obwohl bis zum Jahr 2022  wenn alles planmäßig verläuft  von den Atomkraftwerken ungefähr die Menge des bereits vorhandenen Atommülls noch einmal dazu kommt. Und das, obwohl es weltweit bisher kein Endlager gibt und wahrscheinlich nie geben wird, der Müll aber mehrere Milliarden Jahre sicher gelagert werden muss.

Den meisten Menschen ist nicht bewusst, wie flächendeckend wir mit Atommüll in Berührung kommen. Da sind die Transporte, die riesigen Wismuthalden in Sachsen und Thüringen, die Zwischenlager, die absaufende Asse, Gorleben, die Urananreicherungsanlage in Gronau, radioaktive Krankenhausabfälle etc. Durch den zunehmenden Abriss und Rückbau der stillgelegten Atomkraftwerke entsteht auch immer mehr Atommüll. Damit das nicht zu teuer wird, wurde im Jahr 2011 mit einer Neufassung der Strahlenschutzverordnung reagiert. Demnach werden viele Millionen Tonnen „gering aktiver“, das heißt nicht wärmentwickelnder Atommüll von den Anlagenbetreibern „freigemessen“ und landen dann auf Bauschutt- und Hausmülldeponien, in Müllverbrennungsanlagen, im Straßenbau, Metallrecyclinganlagen etc.

Aus diesem Grund sagen wir, dass es notwendig ist, sich zunächst einmal Gedanken darüber zu machen, wie wir mit dem Atommüll umgehen, bevor wir entscheiden, wo wir das dann tun! Dies ist eine der wichtigsten gesellschaftlichen Fragen und deshalb müssen wir weiterhin Alarm schlagen… Atommüll-Alarm! Welche Gefahren gehen von dem Atommüll aus, wie gehen Betreiber und politisch Verantwortliche damit um?
Die Energiekonzerne verklagen den Staat wegen der Abschaltung ihrer Meiler nach der Katastrophe von Fukushima vor sogenannten unabhängigen Schiedsgerichten, die keiner demokratischen Kontrolle unterliegen. Sie klagen auch gegen die Kosten der Endlagerung, obwohl sie die Verursacher des Atommülls sind. Den weiteren Zuwachs ihrer Profite wollen sie sich durch Regresszahlungen auf Kosten unserer Steuern und der Gesundheit der Menschen hier im Land sichern und sich gleichzeitig aus der Verantwortung für die Entsorgung stehlen.

Die inzwischen mindestens dritte Expertenkommission  bestehend aus Leuten, die zumeist für die bisherige falsche Entsorgungspolitik stehen  berät mal wieder darüber, wie man den strahlenden Dreck am besten unter die Erde bringt. Ein Konsortium aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sorgt dafür, dass nach der Katastrophe in der Asse mit Schacht Konrad gleich das nächste Desaster vorbereitet wird, von dem dann in zwanzig Jahren wieder keiner vorher hat wissen können.

Wir lassen uns das aber nicht gefallen. Das haben wir mit den vielfältigen Aktionen im gesamten Bundesgebiet deutlich gezeigt: Denn die Probleme mit dem strahlenden Abfall begrenzen sich schon lange nicht mehr auf die vier Standorte Asse, Morsleben, Gorleben und Konrad, sondern sind in jedem Zwischenlager, in jedem Atomkraftwerk und jedem ehemaligen Urantagebau vorhanden. Überall sind Tatorte. Aber im Gegensatz zu den Krimis im Fernsehen wollen hier die Täter die Ermittlungen übernehmen  und genau das müssen wir verhindern!

Die 272-seitige Broschüre zur Bestandsaufnahme, wo in Deutschland überall Atommüll liegt, wurde im August 2013 von Initiativen und Verbänden vorgelegt. Sie hat dazu beigetragen, zu erreichen, dass nun auch die Bundesregierung offiziell die Verdoppelung der tatsächlichen Menge leicht und mittelradioaktiven Mülls einräumen muss: Im Entwurf des „Nationalen Entsorgungsprogramms“ ist von 600.000 Kubikmetern die Rede.

Die Veranstaltungen sind vorbei, das Thema wird uns weiter begleiten.
Wer sich informieren und motivieren lassen möchte, kann dies über die Homepage von Atommüll-Alarm tun. Dort kann die Aktionszeitung bestellt oder heruntergeladen werden. Hier gibt es auch einen Link, um die Broschüre „Bestandsaufnahme Atommüll“  zu bestellen. Die Daten und Fakten zu den Atommüll-Standorten sind jetzt auch über www.atommuellreport.de verfügbar.

Ewald Feige arbeitet in der IPPNW-Geschäftsstelle und ist im Trägerkreis Atommüll-Alarm aktiv.