Wege zum Frieden in Afghanistan

Friedenskongress „Stoppt den Krieg – Wege zum Frieden in Afghanistan“ 2012 in Bonn, © Netzwerk Friedenskooperative

Mehr als 250 TeilnehmerInnen, die Hälfte davon Afghaninnen und Afghanen, erörterten am 13. und 14. Oktober für eineinhalb Tage auf dem Friedenskongress „Stoppt den Krieg – Wege zum Frieden in Afghanistan“ im LVR-Museum Bonn die Möglichkeiten eines nachhaltigen Friedens in dem Land. Sehr unterschiedliche Gruppen des afghanischen Exils trafen sich mit Vertretern der deutschen Friedensbewegung und Besuchern aus Afghanistan selbst. Für die Veranstalter, ein Zusammenschluss aus Afghaninnen und Afghanen als auch aus VertreterInnen der deutschen Friedensbewegung, liegt der Erfolg des Kongresses zuallererst in der toleranten Nutzung des erstmaligen Angebots einer Plattform für einen offenen Meinungsaustausch. Es ist für die Menschen in einem Land im Krieg nicht selbstverständlich, dass sich politisch sehr unterschiedliche afghanische Exilfraktionen mit Afghaninnen und Afghanen direkt aus der Heimat und Engagierten der deutschen Friedensbewegung in einer freundschaftlichen Atmosphäre austauschen.Ein weiterer Erfolg des Kongresses ist die breit getragene Absichtserklärung der afghanischen Gruppenvertreter, für ihre Interessen als Migranten in Deutschland und das gemeinsame Interesse eines nachhaltigen Friedens in ihrer Heimat die Gründung eines afghanischen Dachverbandes anzugehen.

In thematisch breit gestreuten Vorträgen, Workshops und Diskussionen beleuchteten die TeilnehmerInnen immer wieder grundsätzliche Fragen, wie das notwendige Ende des Krieges und wie die Sicherheit für die Bevölkerung garantiert werden könne. Weiterhin diskutiert wurde, wie nach 30 Jahren Krieg Gerechtigkeit und Versöhnung geschafft werden könne und natürlich die Chancen der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung angesichts der globalpolitischen Rahmenbedingungen.

Die vielen Facetten der Vision eines gerechten Afghanistans müssen durch eine demokratische, soziale und ökologische Entwicklung des Landes konkretisiert werden. Einigkeit bestand unter den Diskutanten, dass mit dem Ende des Krieges und dem Abzug der Okkupanten ein umfassender lang angelegter Versöhnungsprozess nach 30 Jahren Krieg und Bürgerkrieg nötig ist.

Nicht nur von den anwesenden Frauen und Afghaninnen wurde die gleichberechtigte Partizipation von Frauen auf allen Ebenen des sozialen und politischen Lebens und ein System der Absicherung der Frauen- und Menschenrechte gefordert. Weiterhin werden ein umfassendes Bildungs- und Ausbildungssystem für jede und jeden als erforderlich angesehen, wie auch ein dezentrales Gesundheitssystem, das allen Afghaninnen und Afghanen gleichermaßen Zugang bietet. Wirtschaftlich wird die umfassende Förderung einer nachhaltigen, dezentralen, kleinbäuerlichen Landwirtschaft angedacht, die in der Lage ist, das Land selbst zu versorgen und den BäuerInnen ein Leben in Sicherheit und „kleinem“ Wohlstand ermöglicht. Generell soll es eine ökonomische Entwicklung entsprechend der Kultur, der Umwelt und den Bedürfnissen des Landes geben.

Die Finanzierung dieser demokratischen und sozialen Entwicklung des Landes muss den ehemaligen Interventionsmächten obliegen, sie müssen ihre Verantwortung für die verheerung durch den Krieg auch materiell anerkennen.

Der tolerante Diskurs der VetreterInnen beider Zivilgesellschaften über die Lage in Afghanistan und möglichen Friedensstrategien, so Karim Popal und Reiner Braun von Seiten der Organisatoren, habe gezeigt, dass der Frieden für Afghanistan aus Afghanistan selbst kommen müsse.

Am Samstag Vormittag hatte der Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch den Kongress persönlich eröffnet. Mit seinem zivilgesellschaftlichen Ansatz und seiner toleranten Atmosphäre erfülle der Kongress alle Bedingungen einer nachhaltigen Intervention und habe in Bonn seinen richtigen Platz gefunden.

Jens-Peter Steffen (IPPNW-Referent für Frieden)