
Kundgebung ein halbes Jahr nach dem Massaker von Hanau, Foto: IPPNW
Erst am Abend vor der lange geplanten Demonstration zur Erinnerung an die neun Opfer des rassistischen Amoklaufs gegen junge Besucher*innen zweier Shisha-Bars in Hanau wurde diese Aktion von der Stadtverwaltung untersagt, mit der Begründung gestiegener Corona-Gefährdung. In reduziertem Format konnte die Kundgebung auf dem zentralen Hanauer Freiheitsplatz am 22. August 2020 dann aber durchgeführt werden, getragen vor allem durch Familienangehörige, Freundinnen und Freunde der ermordeten Mitbürger*innen.
Es war eine bewegende Manifestation der Empörung und Trauer über den Verlust der Lieben, aber eben auch des kämpferischen Impuls, alltägliche rassistische Ausgrenzung ebenso entgegenzutreten, wie besonders dem mörderischen Hass, der sich in einer Kette von Taten seit dem Brandanschlag in Mölln 1992 manifestiert hat. Die Angehörigen und Freunde in Hanau haben sich zur gemeinsamen Erinnerung an ihre Lieben, aber auch zur politischen Aktion mit konkreten Zielen und Forderungen zusammengetan: Erinnerung an die Opfer der Verbrechen, Gerechtigkeit und Aufklärung der gesellschaftlichen Hintergründe, Konsequenzen zur Verhinderung weiterer rassistischer Verbrechen, Entwaffnung aller Rassisten in diesem Land, unabhängige Anti-Rassismus-Beauftragte bei der Polizei – das waren einige der wesentlichen Forderungen der Kundgebungssprecherinnen und -sprecher.
Unerwartet für einige war vielleicht der Beitrag von Peter Fischer, dem Präsidenten der Frankfurter Eintracht. Der Fußballverein hat auf Initiative Fischers beschlossen, keine AfD-Mitglieder in seinen Reihen zu akzeptieren, und Fischer hielt bei der Kundgebung eine positiv emotionale, mit den Familien und der migrantischen Community sehr solidarische Rede.
Das Massaker soll zum Fanal für Widerstand und zum Schlusspunkt für die Mordtaten gegen unsere migrantischen Mitbürger*innen werden, diesen gemeinsamen Willen brachte die Kundgebung zum Ausdruck.
Matthias Jochheim ist Mitglied der IPPNW.