Die ersten Tage in New York: Blog #1 von der zweiten Staatenkonferenz zum Atomwaffenverbot

“Friends who end nukes together stay together.” Foto: IPPNW

Das Zweite Meeting of States Parties (2MSP) hat begonnen! Was bedeutet das nun, und was passiert da überhaupt? In unserem ersten Blog-Beitrag wollen wir einen Überblick geben, was auf dem MSP passiert, was der Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons (TPNW) ist, und was die Rolle der IPPNW dort sein wird. Außerdem gab es auch schon vorab ein paar Aktionen weltweit, um internationale Aufmerksamkeit auf den Kongress zu werfen.

Also: MSP, was ist das? Das erste Meeting of States Parties hat im Juni 2022 in Wien stattgefunden und dazu gedient, den TPNW, oder auf Deutsch Atomwaffenverbotsvertrag (AVV), umzusetzen. All die Mitgliedstaaten, die den TPNW unterschrieben haben, sind auch zum 2. MSP eingeladen. Auch anwesend sind einige „Observer states“, also Beobachter-Staaten, die zwar noch kein Teil des TPNW sind aber so zumindest schon an den Diskussionen teilnehmen können. Zusätzlich gibt es einen großen Anteil an „Civil Society Participation“, also  Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, die in Form verschiedenster Organisationen und eigenständiger Veranstaltungen genau so Teil dieses MSP sein wird.

Im Jahr 2017 wurden im UN-Hauptquartier in New York die ersten Verhandlungen zum TPNW geführt, wo mehr als 135 Staaten und die Zivilgesellschaft teilnahmen und die ersten Staaten den Vertrag unterzeichneten. Am 22. Januar 2021 ist der Vertrag  offiziell in Kraft getreten. Aktuell haben ihn 93 Länder unterschrieben und 69 ratifiziert. Deutschland ist nicht dabei.

Vor dem Beschluss des TPNW waren Atomwaffen die einzigen Massenvernichtungswaffen, die unter keinem Verbot standen. Nun dient er als internationales Übereinkommen, Atomwaffen zu ächten, und verbietet den Staaten, sie zu entwickeln, zu testen, herzustellen, zu produzieren, weiterzugeben, zu besitzen, zu lagern, einzusetzen oder mit dem Einsatz zu drohen oder die Stationierung von Kernwaffen in ihrem Hoheitsgebiet zuzulassen. Mit der Unterzeichnung des TPNW verpflichten sich Staaten, ihre Atomwaffen nach internationalen Richtlinien und einem Zeitplan zu zerstören oder fremde Atomwaffen an den Besitzerstaat zurückzuliefern. Staaten verpflichten sich außerdem, die Opfer von über 2.000 nuklearen Tests zu unterstützen und Schritte zur Sanierung konaminierter Gebiete zu unternehmen.

Beim ersten MSP 2022 haben die Vertragsstaaten den Wiener Aktionsplan mit 50 konkreten und schrittweisen Maßnahmen zur Umsetzung des Vertrags und zur Verwirklichung einer atomwaffenfreien Welt angenommen. Der Aktionsplan umfasst Maßnahmen zur Universalisierung, zur Unterstützung von Opfern, zur Umweltsanierung und zur internationalen Zusammenarbeit und Unterstützung, zur wissenschaftlichen und technischen Beratung zur Unterstützung der Umsetzung, zur Unterstützung des umfassenderen nuklearen Abrüstungs- und Nichtverbreitungssystems sowie zur Eingliederung und Umsetzung der Gleichstellungsbestimmungen des Vertrags. Dafür wurden unterschiedliche Arbeitsgruppen und Anlaufstellen gegründet, die Maßnahmen im Zusammenhang mit den Artikeln 4, 6, 7 und 12 des Vertrags, sowie außerdem zur Gleichstellung der Geschlechter und zur Komplementarität des TPNW innerhalb gewisser zeitlicher Deadlines umsetzen sollen.

Den ganzen Vertrag und weitere Infos findet ihr hier.

In der Deklaration äußern Staaten zudem die Notwendigkeit und Dringlichkeit eines solchen Vertrags, verurteilen jede und alle nuklearen Bedrohungen in jeglicher Situation, und einigen sich darauf, weiter für die Implementierung des TPNW und eine atomwaffenfreie Norm zu kämpfen. Ein großer Fokus liegt außerdem auf den moralischen, ethischen und sicherheitsspezifischen Richtlinien, auf deren Basis der TPNW gegründet wurde, und nichts weniger als die Sicherheit des Menschen ins Zentrum setzt.

Hier kommt die IPPNW ins Spiel, die sich mit ihrer Gründung 1980 als Ärzt*innen-Organisation über internationale Konflikte eines drohenden Atomkriegs stellte, und sich immer wieder auf die katastrophalen humanitären Folgen auf Mensch und Umwelt berief. Dafür erhielt sie 1985 den Friedensnobelpreis und veröffentlichte einige Deklarationen und Resolutionen, sowie auch den Atomteststoppvertrag. Auf deren Basis und Weiterführung erhielt dann ICAN 2017 den Friedensnobelpreis für den Atomwaffenverbotsvertrag. Bis heute verfolgt die IPPNW die Umsetzung von Medizinischer Friedensarbeit in internationalen Konflikten, und hält auch beim 2MSP Vorträge zu diesen Themen. Einen kleinen Abstecher in die Geschichte der IPPNW findet ihr hier.

Beim 1MSP sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres:

“The once unthinkable prospect of nuclear conflict is now back within the realm of possibility. More than 13,000 nuclear weapons are being held in arsenals across the globe. In a world rife with geopolitical tensions and mistrust, this is a recipe for annihilation.”

“Die einst undenkbare Aussicht auf einen Atomkonflikt ist heute wieder im Bereich des Möglichen. Mehr als 13.000 Atomwaffen befinden sich in den Arsenalen der Welt. In einer Welt, die von geopolitischen Spannungen und Misstrauen geprägt ist, ist dies ein Rezept für die Vernichtung.“

Auch dieses Jahr werden Communities aus betroffenen Gebieten wie Kasachstan und mehreren Pazifik-Staaten sowie „Hibakusha“, Überlebende aus Hiroshima und Nagasaki, anwesend sein und sich für die Umsetzung und Ratifizierung des TPNW einsetzen.

Während von Montag bis Freitag ganztags in den UN-Headquarters diskutiert wird, wie der TPNW bisher umgesetzt wurde, was bisherige Ergebnisse der Komitees sind, was verbessert werden muss und wie es weitergeht, gibt es auch rundherum ein volles Programm! Mit täglich mehreren Workshops, Panel-Diskussionen und Vorträgen verschiedener Teilnehmerorganisationen wird uns bestimmt alles andere als langweilig – aber dazu dann mehr in den folgenden Blogs 😉. Außerdem wird es auch Ausstellungen von Artists Against the Bomb, und Künstler*innen aus verschiedensten Ländern, sowie Filmvorstellungen und Konzerte geben.

Am Samstag, 25.11., gab es bereits eine Fotoaktion von ICAN, wo wir mit der Fähre von der Upper East Side bis zur Wallstreet und dann weiter nach Brooklyn gefahren sind, um vor der UN und bekannten Foto-Spots der Stadt mit Plakaten und Aktionen auf den Kongress aufmerksam zu machen.

Am Sonntag, 26.11., gab es ein ganztägiges Campaigners Meeting von ICAN, um diesen großen Kongress etwas besser einzuleiten. Was ist seit dem 1MSP tatsächlich passiert, wer wird dieses Jahr anwesend sein, und was sind neue Ziele? Außerdem war das eine tolle Gelegenheit, viele junge und alte Menschen und Aktivist*innen aus aller Welt kennenzulernen, und sich gemeinsam für die nächsten intensiven Tage zu wappnen!

Also, auf die Plätze, Kaffee & Notizblock, fertig, los!

 

Die Staatenkonferenz des UN-Atomwaffenverbotsvertrages 2MSP: Das Treffen im UN-Hauptgebäude in New York startete am 27. November und läuft bis zum 1. Dezember. Neben den Mitgliedstaaten nehmen zivilgesellschaftliche Gruppen und beobachtende Staaten teil. Die deutsche Sektion der IPPNW nimmt mit einer sechsköpfigen Delegation an den Verhandlungen teil.

Die Autorin: Stella Ziegler ist International Student Representative der IPPNW und Studierendensprecherin der deutschen IPPNW-Sektion.

Teil 2 unserer Serie zur Staatenkonferenz findet Ihr hier.
Teil 3 unserer Serie zur Staatenkonferenz findet Ihr hier.