Der andauernde Krieg in Korea und die IPPNW

Gunnar Westberg, IPPNW Schweden

Gunnar Westberg, IPPNW Schweden

Um zu verstehen, was in Korea vor sich geht, ist es hilfreich den Konflikt von der anderen Seite, derjenigen Nordkoreas, zu betrachten.

Seit dem Ende des Koreakrieges 1953 gibt es bis heute keinen Friedensvertrag, sondern es wurde lediglich ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen. Nordkorea und die USA befinden sich immer noch im Kriegszustand. Die Demarkationslinie des Waffenstillstands ist der 38. Breitengrad. Es ist jedoch bisher keine Einigkeit darüber erzielt worden, wo diese Linie auf See verläuft. Die Souveränität über die Gewässer, in denen die jüngsten Artilleriegefechte stattfanden, ist umstritten.

Während ich diesen Artikel schreibe, halten südkoreanische Seestreitkräfte zusammen mit US-amerikanischen Einheiten ein Militärmanöver in diesen umstrittenen Gewässern ab. Solche Operationen sind in der Vergangenheit vom Norden oftmals abgelehnt worden. Als der Süden als Teil dieser Übung Schüsse abgab, forderte der Norden einen Feuerstopp. Als das Feuer fortgesetzt wurde, begann der Norden die südkoreanische Insel Yeonpyeong mit Granaten zu beschießen.

Eine Reaktion Nordkoreas stand zu erwarten, aber es wurde nicht davon ausgegangen, dass eine Insel mit zivilen Bewohnern unter Artilleriefeuer genommen werden würde. Es ist gut möglich, dass interne Rivalitäten innerhalb Nordkoreas eine Rolle spielten. Der neue designierte Nachfolger des Diktators wollte möglicherweise zeigen, dass er jetzt die Kontrolle hat. Es wuchern die Spekulationen von Seiten der „Pjöngjangologen“.

Die Frage, die von unserer Seite nicht gestellt wird, ist folgende: Welcher Zweck wurde mit einer provokativen Übung in dem umstrittenen Gebiet verfolgt? Weder Südkorea noch die USA haben dazu bisher eine Erklärung geliefert.

Wir wissen wenig über die politische Situation in Nordkorea. Unser Unwissen sollte unsere Vorsicht erhöhen. Wir sollten beachten, dass die militärische Führung in dem Land noch weniger über die Welt um sie herum weiß. Nordkoreanische Diplomaten sind besorgt, dass die Generäle glauben, einen Krieg gegen den Süden gewinnen, oder sogar US-Stützpunkte in Japan erfolgreich attackieren zu können.

Ein Krieg mit dem Süden oder ein Bürgerkrieg innerhalb Nordkoreas wären ein Desaster für das Land und seine Nachbarn. Ein Aufstand der hungernden und unterdrückten Bevölkerung würde zu Millionen von Flüchtlingen und ernsten Problemen für Südkorea und China führen.

Der jüngste Bericht von Amnesty International zeichnet ein Bild von der sich rapide verschlechternden Gesundheit in Nordkorea. Nahrungsmittel gibt es nur unregelmäßig. Die Korruption nimmt zu. Die Gesundheitsversorgung wird schlechter; Medikamente sind nicht verfügbar. Wohnungen und Häuser sind im Winter kalt, weil es zu wenig Öl und Kohle gibt. Die Alten und die Kinder in den vielen Einrichtungen für Kinderbetreuung drohen Entbehrungen und Kälte zu erliegen.

Wir in der IPPNW sollten in der jetzigen Situation von Nordkorea fordern, seine Politik des „Militär zuerst“ zu „Menschliche Sicherheit zuerst“ zu ändern. Südkorea und die USA fordern wir auf:

Provokationen Nordkoreas sollten vermieden werden;

Humanitäre und insbesondere medizinische Hilfe und Nahrung sollten trotz des Vorgehens der nordkoreanischen Führung angeboten werden;

Friedensverhandlungen sollten jetzt, fast 60 Jahre nach dem Krieg, beginnen.

Zu diesem letzten Punkt würde ich gerne aus einem Artikel zitieren, den der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, der Nordkorea mehrmals besucht hat, am 23. November in der „Washington Post“ veröffentlicht hat:
Pjöngjang hat stetig darauf hingewiesen, dass es bereit ist, während direkten Gesprächen mit den USA ein Abkommen zu schließen, nach dem es seine Nuklearprogramme beenden, sie komplett den Inspektionen der IAEA öffnen und einen dauerhaften Friedensvertrag schließen würde, um den jetzigen „vorübergehenden“ Waffenstillstand zu ersetzen.

Sollten nicht anstelle provokanter militärischer Manöver Friedensgespräche zwischen den USA und Nordkorea versucht werden?
Gunnar Westberg am 30.11.2010
Übersetzung Aram Wegerhoff