
ICAN-Delegation bei den Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot in New York, März 2007, Foto: ICAN
Erster Tag der Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot
Am 27. März wurde die Verhandlungskonferenz für ein Atomwaffenverbot in den Vereinten Nationen in New York eröffnet. 115 Staaten* nahmen teil. Bevor die Konferenz begann, wandte sich die US-Botschafterin Nikki Haley vor der Tür zum Verhandlungssaal an die Presse und erklärte den Boykott der Atomwaffenstaaten und ihrer Bündnispartner**. Beatrice Fihn von ICAN hielt gleich im Anschluss eine Pressekonferenz. Ihre Argumente wurden von der Presse aufgenommen. Damit erfuhr der Verhandlungsstart eine große internationale Medienresonanz, einschließlich von Berichten von Reuters, Bloomberg, AP und der New York Times.
Auch die Medien in Deutschland berichteten breit. Das Thema wurde in der Tagesschau um 20 Uhr aufgegriffen. In den meisten Leitmedien gab es Berichterstattung (siehe Presseecho). Im Vorfeld hatte es zudem Interviews mit AktivistInnen von ICAN Deutschland gegeben, die die Sicht der NGO wiedergaben. Manche Berichte zeigten aber auch einen Mangel an vorheriger Auseinandersetzung mit dem Thema und betonten die Enttäuschung über den Boykott der Atomwaffenstaaten. Tatsächlich haben aber nur 40 Staaten explizit ihre Nichtunterstützung der Initiative geäußert, 135 Staaten dagegen unterstützen die Verhandlungen. Nicht alle Befürworterstaaten können es durchgehend leisten, Delegierte zu den Verhandlungen zu senden.
Laut Zeitplan begann die Konferenz mit einem hochrangig besetzten Teil am Vormittag. Nachmittags fand die erste Generaldebatte der Staaten über den Inhalt des Vertrages statt. Der Fokus lag auf den Grundsätzen und Zielen, außerdem wurden Elemente für die Präambel beraten. Diese Diskussion geht morgen weiter.
In dem hochrangig besetzten Teil redete der UN High Representative für Abrüstungsfragen Kim Won-soo, der daran erinnerte, dass eine Welt ohne Atomwaffen eine Verpflichtung aller Staaten sei. Er rief dazu auf, sich gemeinsam zu engagieren.
Zudem wurde eine Botschaft vom Papst Franziskus verlesen, in der der Papst die UN-Staaten ermutigte, mit Nachdruck zu arbeiten, um die Bedingungen für eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen. „Wir müssen weitergehen als die nukleare Abschreckung“, sagte der Papst. Die Eliminierung von Atomwaffen sei ein „moralischer und humanitärer Imperativ“.
Peter Maurer, Präsident des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes, sagte, dass der neue Vertrag „das Stigma verstärken“ werde gegen den Einsatz nuklearer Waffen und der Umsetzung der Abrüstungsverpflichtungen neuen Impetus verleihen werde. Wie bei den anderen Massenvernichtungswaffen würde „eine klare und eindeutige Ächtung den Grundstein der Eliminierung bilden“, so Maurer.
Der Generalsekretär Hidyanko Toshiki Fujimori erinnerte an das Leid der Atombombenüberlebenden in Hiroshima und Nagasaki. Er sah seine Aussage als Gegenstimme Japans: „Als Hibakusha und als ein Japaner stehe ich hier heute gebrochenen Herzens“.
Aus Costa Rica, Österreich, Mexiko, Chile und den Philippinen sprachen Vertreter der Außenministerien. Der Außenminister von Costa Rica sagte, dass die UN „ein neues Kapitel“ schreiben und die atomare Ära zu „einem kurzen Zwischenspiel“ in der Geschichte der Menschheit werden solle. Botschafter Alexander Marschik, Vizeminister für politische Fragen in Österreich, hielt eine besonders deutliche Rede, in der er hervorhob, dass es keine „falsche“ Zeit für ein Atomwaffenverbot gebe. „Und ehrlich: Wenn man die Gefahren anschaut – was ist die Alternative? Ist Nichtstun eine bessere Strategie? Auf ein Desaster warten ist keine Strategie.“
Einige Regionalgruppen gaben ebenfalls Statements ab: die Arabischen Staaten, aus Afrika, Lateinamerika und der Karibik. Weitere 17 Staaten haben Statements gegeben, von denen einige hier nachgelesen werden können: http://www.reachingcriticalwill.org/disarmament-fora/nuclear-weapon-ban/statements
Bei Abschluss des ersten Verhandlungstages standen noch 21 Staaten auf der Rednerliste.
Deutschlands Abwesenheit wurde von ICAN (International Campaign to Abolish Nuclear Weapons) bedauert. Einige AktivistInnen schickten aus New York und Berlin elektronische Postkarten mit dem Spruch „Wish you were here“. Auch andere fehlende Staaten erhielten von AktivistInnen Post. Leere Stühle wurden fotografiert und in den Sozialen Medien gepostet.
Xanthe Hall schreibt hier für ICAN und IPPNW
Mehr beim ICAN Deutschlands Live-Blog „News aus New York“
*115 teilnehmende Staaten:
Afghanistan, Algeria, Andorra, Angola, Antigua and Barbuda, Argentina, Armenia, Austria, Azerbaijan, Bahrain, Bangladesh, Barbados, Bolivia, Botswana, Brazil, Brunei, Burkina Faso, Cabo Verde, Cambodia, Chad, Chile, Colombia, Comoros, Costa Rica, Cuba, Cyprus, Democratic Republic of the Congo, Djibouti, Dominica, Dominican Republic, Ecuador, Egypt, El Salvador, Ethiopia, Ghana, Guatemala, Guinea, Guyana, Haiti, Holy See, Honduras, Indonesia, Iran, Iraq, Ireland, Jamaica, Japan, Jordan, Kazakhstan, Kenya, Kuwait, Lao PDR, Lebanon, Lesotho, Libya, Liechtenstein, Malawi, Malaysia, Maldives, Malta, Marshall Islands, Mauritania, Mauritius, Mexico, Moldova, Monaco, Mongolia, Morocco, Mozambique, Myanmar, Namibia, Nepal, Netherlands, New Zealand, Nicaragua, Niger, Nigeria, Oman, Panama, Papua New Guinea, Paraguay, Peru, Philippines, Qatar, Saint Vincent and the Grenadines, San Marino, Saudi Arabia, Senegal, Singapore, Somalia, South Africa, Sri Lanka, State of Palestine, Sudan, Swaziland, Sweden, Switzerland, Syrian Arab Republic, Tajikistan, Thailand, The FYR Macedonia, Timor-Leste, Togo, Tonga, Trinidad and Tobago, Tunisia, Uganda, United Arab Emirates, United Rep Tanzania, Uruguay, Uzbekistan, Venezuela, Viet Nam, Yemen, Zambia, Zimbabwe.
**Liste der 21 Staaten, die bei der Pressekonferenz von US-Botschafterin Nikki Haley anwesend waren:
Albanien, Australien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Frankreich, Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Polen, Rumänien, Slowenien, Südkorea, Tschechische Republik, Türkei, Ukraine, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten