Dr. Angelika Claußen und Dr. Martin Sonnabend über ihre Workshops auf dem 20. IPPNW-Kongress, Hiroshima Japan (24.-26.08.2012)

Workshop auf dem 20. IPPNW-Weltkongress in Hiroshima: „Der nicht-nukleare Weg zur Energiesicherheit“ mit Dr. Martin Sonnabend, IPPNW-Vorstandsmitglied (rechts)
„Der nicht-nukleare Weg zur Energiesicherheit“
Einer der Workshops der deutschen IPPNW-Gruppe vertiefte das Thema der regionalen Energie-Autonomie mit 100 % erneuerbaren Energien. Die 25 Teilnehmer von allen fünf Kontinenten waren hoch interessiert an den verschiedenen Praxisbeispielen aus Deutschland. Die lebhafte Diskussion während des Workshops und die dringenden Appelle in zahlreichen Vorträgen zeigten erneut, dass weltweit die Notwendigkeit einer Beschleunigung dieser Form der Energiewende gesehen wird. Auch die japanischen Gastgeber, die noch im letzten Jahr der Atomkraft den Vorrang gegeben hatten, sprachen sich erstmalig für eine ernst zu nehmende Überprüfung der “Nulllösung” aus. Das öffentlich geäußerte Ziel, bis zum Jahr 2030 aus der Atomenergie auszusteigen, muss als ein hoffnungsvoller Erfolg auch des IPPNW-Kongresses in Hiroshima gewertet werden!
Aus Hiroshima, Ihr Martin Sonnabend

Dr. Angelika Claußen, ehemalige Vorsitzende der IPPNW Deutschland
„Fukushima und Tschernobyl, Hirohima, Mayak, Three Miles Island: Beendet das nukleare Zeitalter!“
In unserem Workshop verglichen wir die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima. Es ging darum, was aus den gesundheitlichen Folgen von Tschernobyl für die Situation in Japan gelernt werden kann? Was wissen wir aus Tschernobyl und von medizinischen Studien über die gesundheitlichen Effekte von Niedrigstrahlung? Wie können wir aus diesem Wissen sinnvolle Maßnahmen zum Schutz der Menschen in Fukushima ableiten?
„Wissen Sie, wie groß und wie weiträumig die radioaktive Verstrahlung nach Fukushima wirklich ist?“, fragte Dr. Katsumi Furitsu in ihrem Vortrag zum Vergleich der Folgen von Fukushima und Tschernobyl und zeigte auf die Landkarte des Nordostens von Japan. Viele Gebiete bis zu 200 km weit entfernt sind so stark verstrahlt, wie es Bayern, Teile von Polen, Tschechien und Österreich sowie der verstrahlte Teil von Finnland und Schweden nach der Tschernobylkatastrophe waren. „Und später ergaben medizinische Untersuchungen, dass in all diesen Ländern die Zahl der Totgeburten und der angeborenen Geburtsanomalien in die Höhe stieg, wenn auch nicht in dem großen Ausmaß wie in den ganz stark kontaminierten Ländern Weißrussland, Ukraine und Russland“, fügte Dr. Sebastian Pflugbeil Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz hinzu. Unter den japanischen Teilnehmern des Workshops wurde diskutiert, ob sie diese Erfahrungen jetzt nicht auf Fukushima übertragen und ebenfalls systematisch nach Fehlgeburten, Totgeburten und angeborenen Missbildungen fahndet werden sollte, um die Zahlen dann mit der Vor-Fukushima-Zeit zu vergleichen. Doch was können wir jetzt schon tun? „Wir Ärzte, die wir die Müttergruppen in Fukushima betreuen, drängen seit Beginn der Katastrophe darauf, dass Mütter die Nahrung nach der Strahlenbelastung prüfen lassen, ein Monitoring sozusagen. Und wir können unseren Protest an die Regierung weitertragen“, sagte Dr. Furitsu.
Nicht nur in Tokio findet jeden Freitag eine Demonstration mit mindestens 50.000-100.000 Teilnehmern für die endgültige Stilllegung aller AKw’s in Japan statt. Auch in vielen anderen großen Städten Japans demonstrieren jeden Freitag Tausende von Menschen. Ein ganzes Land steht auf, um seine Regierung zum Atomausstieg zu zwingen.
Aus Hiroshima, Ihre Angelika Claußen
Vielen Dank für Eure Berichte aus Japan und für Euer tolles Engagement.