Nordkorea Krise zeigt: Der Atomwaffenverbotsvertrag ist wichtiger denn je!

Aktion von Anti-Atomwaffen-Aktivisten im Juni 2017 während der UN-Atomwaffenverbotsverhandlungen in New York. Foto: Ralf Schlesener

Im Juli 2017 testete Nordkorea erstmalig erfolgreich seine Langstreckenrakete Hwasong-14, die eine Reichweite von über 5.500 Kilometer hat, die amerikanisches Kernland erreichen kann. Mit den fünf Atombomben, die Nordkorea bisher gezündet hat, die letzte am 09. September 2016 mit einer Sprengkraft von 10 Kilotonnen (die Atombomben, die in Hiroshima und Nagasaki eingesetzt wurden. Hatten eine Sprengkraft zwischen 10 – 20 Kilotonnen), kann die USA die Tatsache, dass Nordkorea offiziell eine Atommacht – eben außerhalb des Atomwaffensperrvertrags darstellt, nicht mehr verleugnen. Das politische Ziel der USA seit dem Waffenstillstand 1953, der völlige Verzicht Nordkoreas auf Atomwaffen und eine Wiedervereinigung unter der Federführung Südkoreas, hat sich damit als unrealistisch herausgestellt.

In dieser hoch angespannten Situation drohen nun beide Seiten mit Eskalationsschritten: Die Regierung Trump und die Regierung von Kim Jong-UN. Doch ein militärisches Eingreifen der USA mit auch nur begrenzten Bombardierungen wäre nicht in der Lage wäre nicht in der Lage, alle Raketenanlagen Nordkoreas auszuschalten. Und das schlimmste: Es müsste mit mindestens Hunderttausenden, vielleicht sogar mehr Todesopfern gerechnet werden. Etwa die Hälfte von Südkoreas Bevölkerung und viele US-Soldaten mit ihren Familien leben in der Metropolregion von Seoul, das in Reichweite nordkoreanischer Artillerie liegt, führen die Autoren der Studie der SWP auf. Und eine Detonation von nordkoreanischen Atombomben, sei es über Südkorea, sei es über der Pazifikinsel Guam, könnte einen Atomkrieg entfesseln.

Welche realen friedenspolitischen Handlungsoptionen gibt es in dieser schrecklichen und extrem bedrohlichen Lage? Ich konzentriere mich im Folgenden nur auf mögliche friedenspolitische Schritte, militärische Szenarien sind in der Studie der SWP nachzulesen.

Der erste Schritt wäre wohl, dass die USA die Realität anerkennen, dass Nordkorea eine Atommacht ist. Der nächste Schritt wäre, dass die USA ihr nachhaltiges Interesse an gemeinsamen diplomatischen Verhandlungen mit China, Russland, Südkorea, und Japan erklären mit dem Ziel, langfristig auf die offizielle Beendigung des Kriegszustandes und auf einen Friedensvertrag hinzuarbeiten. Kurzfristig und realpolitisch könnten Ziele der diplomatischen Gespräche sein, sich auf Rüstungskontrolle orientieren und den Versuch zu unternehmen, den Nuklearwaffenbestand auf dem aktuellen Niveau einzufrieren. Die Bereitschaft der südkoreanischen Regierung zum Dialog mit Nordkorea muss dabei aufgenommen werden. Auch China hat seine Bereitschaft zu Verhandlungen erklärt.

Die Krise um Nordkoreas Atomwaffen macht jedoch eines deutlich: Der Atomwaffensperr-vertrag kann weitere atomare Aufrüstung und neue Atomwaffenstaaten nicht verhindern! Die Menschheit und die Staatenwelt brauchen den Atomwaffenverbotsvertrag! Nur mit ihm kann die neue Norm und das Ziel einer ‚Welt frei von Atomwaffen‘ Wirklichkeit werden. Nur Atomwaffenverbotsvertrag führt aus der Sackgasse von atomarer Geiselhaft heraus, in der wir Menschen auf der ganzen Welt stecken.

Die Bundesregierung kann und muss zur Lösung dieser Krise beitragen, indem sie endlich eigene Schritte der atomaren Abrüstung vollzieht, d.h. das US-Atomwaffenlager in Büchel aufgibt und den Atomwaffenverbotsvertrag unterschreibt. Als Mittelmacht und als NATO-Staat würde dieser Schritt Deutschlands maßgeblich zum Aufbau einer Welt frei von Atomwaffen beitragen.

Dr. Angelika Claußen ist Europäische IPPNW-Präsidentin