40 Jahre Wissenschaft für den Frieden

40 Jahre "Wissenschaft und Frieden"

40 Jahre “Wissenschaft und Frieden”

40 Jahre Wissenschaft für den Frieden: Das Symposium fand am 6. und 7. Oktober 2023 im German Institute of Development an Sustainability in Bonn statt. Der Tagungsort war ein Gebäude im ehemaligen Regierungsviertel der alten Bonner Zeit. Ehrfürchtig stand ich vor der Bundespressekonferenz, dem ehemaligen Gebäude der Bundestagsfraktionen und dem langen “Eugen” (benannt nach Eugen Gerstmaier) und dem ehemaligen Abgeordnetenhaus. Daneben das alte Wasserwerk, in das der Bundestag verlegt worden war. Dieses Areal wird heute von den Vereinten Nationen als “UN-Campus” genutzt. An einigen Häusern im Umfeld waren noch die alten Schilder der Landesvertretungen angebracht.

Mich bewegte der Besuch sehr. In der 90er Jahren war ich regelmäßig zu Pressekonferenzen der IPPNW im Presseclub. Damals war es Normalität, dass beim anschließenden Mittagessen an Nebentischen Hans-Dietrich Genscher oder Egon Bahr saßen – ohne Sicherheitspersonal. Nun zum eigentlichen Anlass: Ein Symposium, das mich tief beeindruckte – perfekt organisiert und mit einem unvergleichlich anspruchsvollen Programm, das von David Scheuing, leitender Redakteur von Wissenschaft und Frieden” mit seinem Team  zusammengestellt war. Es repräsentierte die deutsche Friedensforschung in einer Breite und Tiefe, die für mich einmalig war: über Politik-, Sozial-, Erziehungswissenschaften, Historische Friedens- und Konfliktforschung, Friedenspsychologie. Aus den Naturwissenschaften Informatik und Physik und mit der IPPNW und IALANA die Medizin und das Völkerrecht.

Dr. Angelika Claußen beteiligte sich mit einem Workshop “Abrüsten für das Klima” und Dr. Helmut Lohrer mit einem Vortrag über die humanitären Folgen von Sanktionen. In seinem Panel referierte auch Kornelia Kania, Vorstandsmitglied bei der IALANA, über den völkerrechtlichen Hintergrund. Mit ihr konnte ich anschließend ein ausführliches Gespräch führen.

Gespräche begleiteten mich durch das gesamte Symposium und waren sehr wertvoll. Cornelia Kania, Prof. Karl Hans Bläsius und Prof. Albert Fuchs teilten mir mit, dass sie eigentlich an unserer Landsberger Tagung  teilnehmen wollten. Nur die lange Anreise habe sie dann davon abgehalten. Die Landsberger IPPNW-Gruppe sei wohl eine ganz besondere Gruppe. Das war schon ein großes Lob für uns.

Berichten möchte ich noch kurz von der abendlichen Festveranstaltung, die von der Bonner Oberbürgermeisterin Nicole Unterseh eröffnet wurde. Anschließend diskutierten Prof. em. Dr. Eva Senghaas-Knobloch (Arbeitssoziologin und Politikwissenschaftlerin) und PD Dr. Jürgen Altmann (Physiker) über die Entstehungsgeschichte der deutschen Friedensforschung. Beide zählen mit zu den renomiertesten Friedensforscher*innen in Deutschland. Frau Senghaas beschrieb die Entwicklung von Rüstung und Krieg: Als eine Schnittstelle von Militär und Rüstungsindustrie, der sich dann vor allem die  Naturwissenschaften (Physik und Informatik) angliederten. Dem schloss sich in der Folge die Politik an, die heute aktuell durch die politische Elite im Kanzleramt, dem Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium repräsentiert werde.

Die “Nichtverteidigungsfähigkeit” sei aus ihrer Sicht ein möglicher Hebel, diesen in sich geschlossenen Raum zu öffnen und zur Veränderung beizutragen. In einem anschließenden Gespräch wies Frau Senghaas nochmals darauf hin, dass das Konzept öffentlich verbreitet werden müsse. Als Autor müsse ich mit dazu beitragen, das auf den Weg zu bringen.

Ich besuchte noch weitere Panels, u.a. das sehr interessante der Friedenspsychologie mit jungen Wissenschaftlerinnen aus der psychologischen Grundlagenforschung.

Dann machte ich mich auf den Weg nach Saarbrücken. Dort traf ich meine Frau, Evi Nägele und Werner Vögel. Abends besuchten wir die Premiere von Puccinis “Il Tritico”, eine Oper in drei Einaktern. Ein unglaubliches Erlebnis im vollbesetzten Saarländischen Staatstheater. Inszeniert wurde die Oper von Regisseur Wolfgang Nägele, der schon mit Neuenfels an Opernhäusern in Bayreuth, Berlin und München inszenierte. Am Ende der Oper würdigten das Publikum das Ensemble, Wolfgang Nägele und sein Team mit einem nicht enden wollenden Applaus und mit Jubelrufen. Bei der anschließenden Premierenfeier konnte ich mit einer jungen Regisseurin ein längeres Gespräch über die Kunst und Kultur und deren Beitrag zur Völkerverständigung führen. Sie teilte mir ihre Bereitschaft mit, gerne nach Landsberg zu kommen und vielleicht im Rahmen einer Veranstaltung darüber vortragen und mit uns diskutieren zu wollen.

Ursprünglich hatte ich fest vor, nach unserer erfolgreichen Jahrestagung und fünf Jahren Regio aufzuhören. Nach Bonn und Saarbrücken und dem wichtigen Input von Frau Prof. Senghaas gibt es noch viel zu tun. In Bonn wurde mir auch deutlich angezeigt, dass wir zusammen – die Landsberger IPPNW-Regionalgruppe – eine ganz besondere Gruppe sind, die inzwischen weit über Landsberg einen Ruf hat und für ihr Friedensengagement geschätzt wird.

Rolf Bader ist Mitglied der Landsberger IPPNW-Regionalgruppe.