Falea: Eine Reise in die Uran-Explorations-Region …

Im März fand in der Hauptstadt Mail’s, Bamako, die erste Konferenz zu „Uran, Gesundheit und Umwelt“ statt. Am Tag nach der Konferenz, brach eine Delegation von 10 Personen, 5 Teilnehmer aus verschiedenen afrikanischen Ländern sowie 5 Teilnehmer aus europäischen Ländern, zusammen mit Einheimischen, nach Falea auf, wo die Firma Rockgate ein Uran-Silber-Kupfer-Vorkommen ausbeuten will und derzeit massiv Explorationsbohrungen mit einem Bohrturm vornimmt.

Kinder in einem Dorf, das unmittelbar von den Probebohrungen betroffen ist

Kinder in einem Dorf, das unmittelbar von den Probebohrungen betroffen ist. Nur 3m von der gemeinsamen Dorf-Kochstelle, soll mit Bohrungen nach Uran begonnen werden.

Susanne Bohner (IPPNW Deutschland) & Andreas Nidecker (IPPNW Schweiz) berichten: Nach rund vier Stunden Fahrt geht es von der schnellen Überlandstraße auf die ungeteerte Distriktstrasse, deutliche Zunahme der Kurven, immer rauere Fahrwege, durch waldiges Gelände bei langsam sinkender Sonne. Mitten in der Nacht passieren von hell erleuchteten technische Installationen: Erster Kontakt mit Uran-Probebohrungen, bei denen während durchschnittlich zwei Wochen rund um die Uhr mit großem Lärm pausenlos gebohrt würde, berichten die Einwohner.

Spät abends Eintreffen im Dorf Falea, dem Hauptort einer abgelegenen Region von 21 Dörfern an der Grenze zu Guinea und Senegal. Im Dunkeln die kleine afrikanische Freiluftküche, wo auf einem Holzfeuer das Nachtessen vorbereitet wurde.

Am Dienstag „Besuchstag“ in Falea: auf gewundenen Sträßchen erste Eindrücke der schönen grünen Täler und kleinen Siedlungen. Zwischendurch schroffe Felsen und dann wieder schöne Fernsicht. Weiterfahrt und Halt bei einer Gruppe von 6 – 7 Hütten. In der Umgebung: etwa 5 Dreibeine – Markierungen mit kleinen roten Fahnen, darauf Koordinaten. Die Nachfrage ergibt, dass hier die Stellen markiert wurden, wo demnächst Probebohrungen im Rahmen der Vorbereitung der Uranmine durchgeführt werden sollen. Eine Begehung des kleinen Dorfes ergibt, dass einige der betreffenden Markierungen in nächster Nähe der Kochstelle platziert wurden.

Dorf, dass von den Explorationsbohrungen betroffen ist

Ein Dreibein markiert die Stelle, wo demnächst Probebohrungen vorgenommen werden sollen – in unmittelbarer Nähe eines kleinen Dorfes.

Die Nachfrage, ob sich die Mitarbeiter der Minengesellschaft an die Dorfbewohner gewendet hätten vor der Platzierung der Markierungen ergibt, dass die Einheimischen und insbesondere der Dorfälteste von niemandem überhaupt angefragt worden sei, geschweige denn, dass er Erlaubnis gegeben hätte für diese Bohrungen.

Eine Bohrstelle

Eine Bohrstelle. Die Bohrmannschaft wird durch einen Subunternehmer beschäftigt.

Anschließend Besuch einer Bohrstelle, wo Arbeiter ungerührt und pflichtbewusst tagelang ihre Bohrlöcher niederbringen, periodisch Zylinder von Gestein aus den Bohrrohren fördern und diese, wohl markiert, in Containern ablegen. Die spätere Messung der Radioaktivität der Zylinder wird dann wiederum aussagen, ob bei der Bohrung X in Y Tiefe uranhaltiges Gestein gefunden wurde. Dass die Gesteinsproben zum Teil radioaktiv sind und dass das bei der Bohrung in großen Mengen verwendete Wasser ebenfalls radioaktiv kontaminiert ist, ist den jungen Männern nicht bewusst und sie stören sich nicht daran, dass dieses Wasser ins umliegende Gelände abfließt …

Mit Bohrschlamm und mit Schmiermitteln verunreinigtes Wasser

Mit Bohrschlamm und mit Schmiermitteln verunreinigtes Wasser. Teilweise ist das Wasser, das in großen Mengen bei den Bohrungen verwendet wird, danach radioaktiv belastest. Es wird dennoch einfach so in die Umgebung abgelassen.

Schließlich noch ein anderes Schlüsselerlebnis: die versiegte Quelle. Diese einzige Wasserfassung einer anderen kleinen Ansiedlung hat den Menschen über Jahrzehnte gedient – bis zu dem Moment, an dem in ca. 100 m Entfernung oberhalb der Quelle auf Entscheid der Minengesellschaft eine weitere Probebohrung durchgeführt wurde. Kurz danach Sistierung des Wasserflusses. Auch der Versuch, einen Brunnen neben dem Ersten zu graben, hat kein Wasser mehr gefördert.

Wir erfahren, dass eine Bohrung durch Eröffnung unterirdischer Spalten im Gestein, die unterirdischen Wasserströme akut umleiten könne. Das Wasser würde sich im Bohrloch neue Wege suchen und eine Quelle könne versiegen – oder an einem ganz anderen Ort entstehen.

Die neue Quelle – nicht mehr als ein Rinnsal

Die neue Quelle – nicht mehr als ein Rinnsal

Neben der massiven Belastung durch den Lärm, die Abgase und die 24-stündige Beleuchtung bei den Bohrungen und der Zerstörung der Landschaft haben die Bohrungen also auch direkten Einfluss auf das gerade in Afrika lebenswichtige Wasser und damit die Lebensqualität der Menschen.

Wir sind tief beeindruckt vom oben Geschilderten – und von der Tatsache, dass die Frauen des Dorfes seither drei Kilometer bis zur nächsten Wasserfassung gehen müssen, um Wasser zu holen.

Diskussionsrunde im betroffenen Dorf Falea

Diskussionsrunde im betroffenen Dorf Falea

Am Nachmittag Besuch des Dorfs Falea und Gespräch mit den Dorfältesten, die uns mitteilen, dass wir die ersten Fremden seien, die sich die Mühe gemacht hätten, sie zu begrüßen. Von den Minengesellschaften sei bisher noch nie jemand vorbei gekommen. Und dabei steht das Zentrum der kanadischen ROCKGATE Corporation keine 300 m vom Dorf Falea entfernt, ebenfalls nachts hell beleuchtet und dominant.

Das Camp der Firma Rockgate  in Sicht und Hörweite von Falea

Das Camp der Firma Rockgate, die ein Uran-Silber-Kupfer-Vorkommen ausbeuten will und derzeit massiv Explorationsbohrungen vornimmt, liegt in Sichtweite von Falea, nachts hell erleuchtet.

Abends die Dorfversammlung, ca. 250 Menschen, die sich im Kreis um eine kleine Benzinvergaserlampe im Hof unserer Anlage versammelt hatten. Ein Sprecher nach dem anderen, der sich in Bambara, einer der Landessprachen von Mali, wortreich gegen das Uranbergbau-Projekt ausspricht, jedes Votum, jeder Satz kommentiert von einem „Antworter“ in der Corona der Zuhörer: „Voilà! Du sagst es! Nema! Oui!“ … Eine Stunde lang ein typisches, durchaus konstruktives afrikanisches Palaver, auch eine spürbare entschiedene Willensäußerung der einfachen Menschen dieser Region.

Bamako, Falea, Mali im März 2012 ein starkes Erlebnis in direkter Demokratie und politischer Einflussnahme. Das Erfahren von Staatsgewalt gegenüber machtlosen Menschen, die Erfahrung eines Staatsputsches vor Ort, aber auch der Freundlichkeit und Großzügigkeit der Malier und die Freundschaft unter den Besuchern und Referenten aus den vielen afrikanischen Ländern, USA, Canada und Europa.

Bei der Rückkehr der Gruppe nach Bamako geraten die Teilnehmer in den Militärputsch vom 21. März 2012 – und es dauert über eine Woche, bis alles Teilnehmer sicher wieder zu Hause sind.

Susanne Bohner (IPPNW Deutschland) & Andreas Nidecker (IPPNW Schweiz)

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