Feminist, global, gerecht?

Fachgespräch Feministische Außenpolitik

Unter diesem Motto lud die grüne Bundestagsfraktion am 21. Januar 2019 ins Paul-Löbe-Haus zu einem Fachgespräch zum Thema feministischen Außenpolitik ein und stellte die internationale Politik Deutschlands auf dem Prüfstand. Für das erste Panel mit dem Thema „Eine feministische Außen- und Sicherheitspolitik“ waren Eltje Aderhold, Generalkonsulin in Sankt Petersburg, Dr. Jennifer Cassidy, University of Oxford und Johan Frisell, stellvertretender Leiter der schwedischen Botschaft in Deutschland geladen. Nach einer Einleitung der Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckard, leitete Agniezka Brugger (stellvertretende Fraktionsvorsitzende) mit interessanten Fragen und eigenen kleinen Anekdoten durch die erste Runde.

Johann Frisell durfte als Repräsentant der Nation, die die feministische Außenpolitik als erste eingeführt hat, erklären, warum Schweden so viel weiter in dieser Entwicklung ist als Deutschland. Dabei warf er das Argument auf, dass der Wandel nicht nur in der Außenpolitik stattfinden soll, sondern auch in der Gesellschaft bzw. der Innenpolitik, durch das Bereitstellen von bspw. Kitaplätzen, bessere Elternzeiten usw.

Dr. Eltje Adelhold, mit langjähriger Erfahrung im Auswärtigen Amt, ging dann auch auf die Frage ein, was feministische Außenpolitik für sie bedeutet. Ihr Plädoyer, dass mehr Frauen in den Streitkräften mitwirken sollen, begründet sie damit, dass Frauen einen anderen Blick auf das bestehende System hätten und genauer schauen würden, welche Bedürfnisse gerade bei Kindern, Frauen oder anderen Minderheiten während und nach Konflikten bestehen. Im Gegensatz dazu ständen in der traditionellen Außenpolitik Attribute im Vordergrund, die als männlich beschrieben werden wie z.B. Macht und Dominanz.

Die UN-Resolution 1325, die im Oktober 2000 einstimmig verabschiedet wurde und die die Rechte von Frauen schützen soll und Frauen gleichberechtigt in Friedensverhandlungen, Konfliktschlichtungen und Wiederaufbau einbeziehen soll, sieht sie als Schlagwort, das nach ihrer Meinung zu einer Bewusstseinsveränderung im bestehenden System geführt habe. Dr. Jennifer Cassidy, Autorin des Buches „Gender and Diplomacy“ schaut genauer hin und beschreibt ein typischen Phänomen, dass sie im diplomatischen Bereich öfters beobachten konnte, nämlich, dass die Quote der Frauen auf den ersten Blick zufriedenstellend wirken. Wenn man jedoch genauer hinschaut, welche Standorte diese Botschafterinnen erhalten, werde schnell klar, dass sie selten oder nie beliebte und einflussreiche Standorte wie Washington oder Genf bekommen und diese meist in Männerhand bleiben. Die Teilnehmer*innen des Panels konnten sich darauf einigen, dass mehr Frauen im gleichen System nicht automatisch einen Wandel heraufbeschwören können, aber der erste Schritt zu einer Systemänderung darin besteht, mehr Frauen in das bestehende System zu bekommen, um dieses dann von innen heraus zu verändern.

Das zweite Panel unter der Moderation von Claudia Roth und den Teilnehmerinnen Monika Hauser von „medica mondiale“ und Kristina Lunz, Gründerin des „Centre For Feminist Foreign Policy“ stand unter dem Thema „Militarisierte Männlichkeit – eine feministische Kritik“. Nach den Zahlen, die Frau Hauser vortrug und die aufzeigen, wie stark Frauen und Mädchen unter Kriegsgewalt leiden und wie Vergewaltigungen instrumentalisiert werden können, um ganze Kollektive auszulöschen, könnte man meinen, dass sie Männern verbittert gegenüber steht. Doch sie zeigt auch auf, dass es deutlich ist, dass sowohl Frauen, als auch Männer unter den klassischen Rollenverteilungen und damit verbunden der „toxischen Maskulinität“ leiden, und dass Männer notwendige Faktoren darstellen im Prozess der Systemveränderung.

Zum Thema „toxische Männlichkeit“ hatte auch Kristina Lunz einiges zu sagen: Sie sieht die Wurzel der Probleme auch im akademischen Bereich. Elite-Unis seien oft „männlich“ geprägt, d.h. es würden primär klassische Theorien bearbeitet, die von männlichen Autoren aus dem westlichen Teil der Welt geschrieben wurden. Aber nicht nur der akademische Bereich sei männlich geprägt, sondern auch die Institution wie bspw. die NATO. Damit verbunden sei oft auch eine sexualisierte Sprache, wie bspw. im nuklearen Diskurs, bei dem oft phallische Symbole genutzt würden. Eine Veränderung des bestehenden Systems kann nach ihrer Meinung nur erfolgreich sein wenn es „von oben“ kommt, d.h. die Politik die notwendigen Rahmenbedingungen stellt. Und ohne eine feministische Innenpolitik sei eine feministische Außenpolitik nicht möglich. Auf die Frage, was die Bundesregierung und die Grünen machen könnten, um dies durchzusetzen, kamen viele Anregungen, wie bspw. Expertise bei kleinen Frauenorganisationen zu suchen oder eine echte Fluchtursachenbekämpfung durchführen und stets daran zu denken, nicht in den Hass, sondern in die Kommunikation zu gehen.

Weitere Fachgespräche dieser Art wären wünschenswert, gerne mit tiefer gehendem Einblick in das Thema, mit mehr Teilnehmer*innen mit intersektionaler Perspektive und auch Männern, denn ohne sie kann keine Veränderung des bestehenden Systems stattfinden.

Alicia Gil de Oliveira hat Sozialwissenschaften studiert und ein Praktikum bei der IPPNW absolviert.