Ich heiße Lisa Wangechi Maina und studiere Medizin in Nairobi (Kenia). Den Aufruf, sich für die Global Health Summer School zu bewerben, sah ich in einer WhatsApp-Gruppe von Studierenden. Ziemlich lange sah ich mir die Ausschreibung an, ohne mir zu überlegen, wie ich mit meiner Bewerbung erfolgreich sein könnte. Wir verpassen 50 Prozent der Chancen, die wir im Leben haben, wenn wir sie nicht ergreifen. Das habe ich während meines Aufenhalts in Deutschland gelernt – und ich bin sehr froh, dass ich den Mut hatte, das Bewerbungsformular auszufüllen.
Als ich in Deutschland landete, wusste ich nicht, was ich erwarten sollte. Ich wusste nicht, ob ich mit den Menschen, die ich träfe, harmonieren würde, ob mir das Essen, die Kultur und Geschichte gefallen würden. Doch Franca und Frida begrüßten uns am Flughafen mit netten Gesichtern!
„Lass Dich durch die Angst des Ungewissen nicht Davon abhalten, ein Leben zu erleben, das spannender ist als alles, was Du kennnengelernt hast!“
Eine der Fragen bei der Bewerbung für die Summer School war: „Was sind Deine Erwartungen an dieses Programm?“ Meine Erwartungen an die Summer School wurden erfüllt und sogar übertroffen. Ich vertiefte mein Wissen in Fragen, über die ich wenig wusste und füllte große Lücken, von denen ich nicht einmal gewusst hatte, dass sie bestanden. Ich traf erstaunliche Menschen, mit denen ich lachte und zu Abend aß, während sich echte Beziehungen entwickelten.
Die Summer School war allerdings auch eine Herausforderung. Spannende Themen paarten sich mit beeindruckenden Referent*innen und einer tollen Lernumgebung. Ich fand es schade, dass die Woche so schnell vorbei war – doch es schloss sich eine weitere tolle Woche in „Medical Peace Work“ an. Das Setting war immer informell – das half mir zu verstehen, wie wichtig die Kampagnen sind und der Kampf um die Dinge, an die wir glauben. Franca und ihr Team zogen alle Register, um die Woche zu einem Erfolg zu machen. Nach zwei wunderbaren Wochen in Berlin fuhr ich dann nach Würzburg, um dort eine weitere zweiwöchige Summer School zu besuchen.
Würzburg war schön. Ich lernte Eva-Maria kennen, die für mich fernab von zu Hause wie eine zweite Mutter war – das fühlte sich gut und heimelig an. Die Summer School „Medizin in den Tropen“ zeigte mir, was die Menschen über Tropenkrankheiten denken. Eine Sache, die wir in der Schule in Kenia oft in der Praxis erleben, schien hier ganz weit entfernt zu sein – diese Unterschiedlichkeit lernte ich auch schätzen.
Meine letzten vier Wochen verbrachte ich in Witten, von wo ich täglich nach Bochum in das Universitätsklinikum Bergmannsheil pendelte. Hier machte es mir Sorgen, bei einer Institution zu arbeiten, in der zu 98 Prozent Deutsch gesprochen wird – während ich kaum fünf Wörter kannte. Mein Plan war, immer einfach zu nicken und „genau“ zu sagen. Doch auf den Stationen gab es zum Glück wunderbare Ärzt*innen, die bereit waren, alles auf Englisch zu erklären. Ich durfte in vielen Bereichen assistieren. Langsam fühlte ich mich nicht mehr wie eine Außenseiterin. Ein Tag bleibt mir besonders im Gedächtnis, an dem ich bei einer Operation zuschauen wollte. Als der Arzt den OP-Saal betrat und ich mich vorstellte, wurde klar, dass ich kein Deutsch verstehe. Er machte alle anderen darauf aufmerksam und bat sie, nur Englisch zu sprechen, solange ich ihn begleitete.
Meine Erfahrungen in Deutschland lassen sich in Worten nicht vollständig beschreiben, doch ich bin wirklich dankbar für die Möglichkeiten, die ich dadurch bekommen habe.
Wer sich nicht mehr wundern und in Ehrfurcht verlieren kann, ist seelisch bereits tot. (Albert Einstein)
Lisa Wangechi Maina studiert im 5. Jahr Medizin in Nairobi