Am 12. September 2016 besetzten neun Aktivisten, darunter auch ich als IPPNW-Mitglied, die Roll- und Landebahn des Atomwaffenstützpunktes Büchel in der Eifel aus Protest gegen die dort stationierten US-Atomwaffen und die atomare Teilhabe Deutschlands. Im September/Oktober mussten sich acht von ihnen vor dem Amtsgericht Cochem für diese Aktion des Zivilen Ungehorsams verantworten, sie wurden jeweils zu 30 Tagessätzen verurteilt. Der Amtsrichter sprach uns Angeklagten die Berechtigung zum Zivilen Ungehorsam ab und hat diesbezügliche Beweisanträge allesamt vom Tisch gewischt. Sechs der Angeklagten haben dieses Urteil nicht akzeptiert und möchten nun im Berufungsprozess vor dem Landgericht Koblenz einen Freispruch erreichen. Wir möchten unsere Aktion des Zivilen Ungehorsams angesichts der zunehmenden Gefahr eines Atomkrieges und der völkerrechtswidrigen Atomwaffenpolitik der Bundesregierung als berechtigt anerkannt wissen. Ob uns das gelingt, hängt davon ab, ob die Richter unserer Argumentation, dass die in Büchel sichtbare Atomwaffenpolitik der Bundesregierung völkerrechtswidrig ist, folgen werden. Wir jedenfalls sehen unsere Aktion im Lichte eines „gerechtfertigten Notstandes“, dem wir unser „mildestes Mittel“, nämlich den gewaltfreien Zivilen Ungehorsam entgegengestellt haben, um zum Erfolg zu kommen.
Am Donnerstag, den 12. April 2018 beginnen diese spannenden Prozesse vor dem Landgericht Koblenz, die sich sicherlich bis in den Mai hinziehen werden. Wir sind eine sehr heterogene Gruppe, die aber das gemeinsame Anliegen verbindet, endlich den Protesten in Büchel „schärfere Zähne“ zu verpassen. Zwar sehen wir alle anderen Aktionsformen in Büchel als wichtig und berechtigt an. Doch möchten wir durch unsere Aktionen des Zivilen Ungehorsams die dramatische Bedrohung durch einen Atomkrieg und seine humanitären Folgen zugespitzt aufzeigen. Wir wollen die Untätigkeit unserer Regierungen, entsprechend ihrem Auftrag, Unrecht und Unheil von unserer Gesellschaft und (im Lichte der Globalisierung) des gesamten Planeten abzuwehren, skandalisieren und endlich den erforderlichen politischen Druck zur Umkehr in der Atomwaffenpolitik neu aufbauen. Dazu reicht es nicht aus, eine einzelne Aktion einmal durchzuführen, sondern es bedarf der Ermutigung von immer mehr Menschen, diesen Weg ebenfalls zu gehen. „Was wäre, wenn jeden Tag nun die Roll- und Landebahn für den völkerrechtswidrigen Übungsflug blockiert würde und damit praktisch die atomare Teilhabe Deutschlands außer Kraft gesetzt würde?“, fragte eine Angeklagte im ersten Prozess.
Wir werden in diesem Prozess nicht als Angeklagte, sondern als Ankläger einer mörderischen und völkerrechtswidrigen Politik auftreten. Wir sind uns bewusst, dass wir die entscheidenden Juristen damit in eine schwierige Abwägungslage versetzen werden; das Unrecht des fortgesetzten Völkerrechtsbruchs in der Stationierung, Lagerung, Übung und Teilhabe anzuerkennen oder unsere gewaltfreie (und ohne Sachbeschädigung gelungene) Regelübertretung weiter mit Strafen zu belegen. Wenn wir auf dieser Ebene keinen Erfolg haben, werden wir es in höheren Instanzen versuchen. Diesen Konflikt auf die Spitze zu treiben, das ist das Ziel der juristischen Auseinandersetzung vor den Gerichten. Wir sind auf Langwierigkeit eingestellt.
Wir sind uns im Klaren, dass wir das nicht allein und isoliert schaffen, deshalb haben wir eine Prozesskampagne ins Leben gerufen. Dazu gehören ein regelmäßiger Infobrief, die Organisation von Fachtagen rund um das Thema, die Suche nach qualifiziertem juristischem Beistand und fachlicher Beratung, die Einladung zur Prozessbeobachtung, regelmäßige Mahnwachen, die Ermutigung geben für weitere Auseinandersetzungen vor Gericht („Niemand muss allein bleiben“), einen vierseitigen Kampagnenflyer, der bei uns bestellt werden kann, die Einrichtung eines Spendenkontos und die Durchführung einer Spendenkampagne. Wir haben uns den Namen „Wider§pruch – Vom Atomwaffenlager bis in den Gerichtssaal – Gegen Krieg, Militär und Atomwaffen“ gegeben. Wer regelmäßig über den Fortgang der Kampagne und der Prozesse informiert werden möchte, kann unseren Infobrief unter dem folgenden Link kostenlos bestellen:
https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/widerspruch-info
Wir freuen uns auch über Spenden auf folgendes Spendenkonto:
KURVE Wustrow
Betreff: Widerspruch
IBAN: DE 23 4306 0967 2041 6468 01
BIC: GENODEM1GLS
Für die im Raum Koblenz lebenden friedenspolitisch Interessierten gibt es am 11. April 2014 um 19.00 Uhr in der KHG eine Veranstaltung zu den Themen der Prozesse, am 12. April 2018 morgens vor dem Landgericht Koblenz von 8.00 bis 9.00 Uhr eine Mahnwache. Ab 9.00 Uhr beginnt der erste Prozess. Wer von auswärts zu den Prozessen kommen möchte und einen Schlafplatz braucht, möge sich unter folgender E-Mail Adresse melden: iskenius [at] ippnw.de
Ein empfehlenswerter Beitrag zu Büchel auf Deutschlandfunk Kultur.
Ernst-Ludwig Iskenius ist IPPNW-Mitglied und aktiv gegen Atomwaffen