Die zunehmenden internationalen politischen Spannungen und Krisen sind aktuell besorgniserregend. Umso wichtiger ist es deshalb in einer so schwierigen Zeit, Friedensarbeit zu fördern und sich, sofern möglich, selbst aktiv daran zu beteiligen. Das Friedensprojekt und Balkan-Programm „Bridges of Understanding“, welches alljährlich von der IPPNW-Regionalgruppe Würzburg organisiert wird, lädt seit dem Jahr 1995 Medizinstudentinnen und -studenten aus den verschiedenen Staaten des ehemaligen Jugoslawiens für einen Monat nach Würzburg ein. Sie lernen die verschiedenen Fachbereiche der Missionsärztlichen Klinik kennen und wohnen gemeinsam im Haus St. Michael in der Nähe des Krankenhauses.
Initiiert wurde das Programm „Bridges of Understanding“ im Jahr 1993 durch das IPPNW-Ehren-Vorstands-Mitglied Professor Dr. med. Ulrich Gottstein. Von ihm stammte die Idee, ein Netzwerk zwischen den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens zu schaffen, um Frieden und Versöhnung in den durch Kriege und Konflikte gespaltenen Ländern zu fördern. Bis heute ist das Bild der Einheimischen untereinander von persönlichen Eindrücken und Erlebnissen in der Vergangenheit und politischen und sozialen Problemen der Gegenwart geprägt. Die Entwicklung der Nationalstaaten und das Aufkommen von Nationalismus in den letzten Jahren haben die Vorurteile nicht aufgelöst, sondern eher gefördert. Umso wichtiger ist es, dass das Programm „Bridges of Understanding“ in dieser Form existiert, um gemeinsame Lösungsansätze zu finden, Verständnis füreinander zu schaffen und die Voreingenommenheit abzubauen.
In diesem Jahr wurden sieben Medizinstudentinnen und -studenten der Universitäten von Split (Kroatien), Mostar, Sarajevo (beide Bosnien-Herzegowina), Belgrad (Serbien), Prishtina (Kosovo), Tetova und Štip (Mazedonien) vom 17. August bis zum 12. September 2014 nach Würzburg eingeladen. Neben der Hospitation in der Missionsärztlichen Klinik wurde ein krankenhausinternes Seminarprogramm organisiert. Am Nachmittag dozierten Ärzte der Missionsärztlichen Klinik in englischer Sprache über verschiedene medizinische Themen. An zwei Nachmittagen wurde jeweils ein Film über das Problem von Atommüll sowie über den fehlenden allgemeinen Zugang zur Gesundheitsversorgung auf dem Balkan gezeigt und intensiv diskutiert. Es wurde festgestellt, dass die Länder Südosteuropas häufig mit denselben sozialen und wirtschaftlichen Problemen konfrontiert sind.
Unterstützt wurde das Programm von Würzburger Medizinstudierenden, die ein vielfältiges Freizeitprogramm organisierten. Die Stadt Würzburg lernten die Studentinnen und Studenten Würzburg durch viele verschiedene Aktivitäten kennen. Außerdem wurde an einem Wochenende im Rahmen einer Tour nach Nürnberg das Dokumentationszentrum des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes besucht. Abgerundet wurde das Programm durch Ausflüge nach Bamberg und Rothenburg ob der Tauber. Zu verschiedenen Programmpunkten kamen spontan Austausch-Medizinstudenten aus Mwanza, Tansania, hinzu, die eine wertvolle Bereicherung darstellten.
Am Abschlussabend bedankten sich die Teilnehmer für die Einladung nach Deutschland und für die unvergesslichen und wertvollen Erfahrungen der letzten Wochen. Sie waren von der Missionsärztlichen Klinik begeistert, das Personal war sehr freundlich und band die Teilnehmerinnen und Teilnehmer oft in den Alltag mit ein. Darüber hinaus haben die Studierenden untereinander, im Krankenhaus und mit den deutschen Studierenden kostbare Freundschaften schließen können, die sie in den Heimatländern über die Landesgrenzen hinaus weiter pflegen werden.
„Das Programm half uns tatsächlich, Brücken untereinander zu bauen und zu verstehen, dass wir uns nicht an der Vergangenheit festklammern, sondern unsere Kräfte für ein bessere und friedliche gemeinsame Zukunft sammeln sollten“, so Flaka Pasha, Teilnehmerin aus dem Kosovo. Lukas Breunig vom studentischen Organisationsteam meint: „Ein derart intensives Zusammentreffen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen des Balkans wäre ohne ein solches Programm nie möglich. Es werden Freundschaften geknüpft, die sonst niemals zustande gekommen wären. Somit können die oft klischeebeladenen Ansichten über die benachbarten Länder nachhaltig ins Positive verändert werden.“
Schon im nächsten Frühjahr ergibt sich für alle die Möglichkeit, sich wieder zu sehen. Das alljährliche Netzwerk-Treffen auf dem Balkan wird diesmal voraussichtlich in Sarajevo stattfinden. Es wird ein Wochenende lang über von der lokalen IPNNW-Gruppe vorgeschlagenen Themen diskutiert, es werden Freundschaften gepflegt und Kontakte geknüpft. Die ehemaligen und zukünftigen Teilnehmer des Programms sowie die regionalen IPPNW-Mitglieder werden eingeladen, ebenso deutsche Mitglieder der IPPNW und der Regionalgruppe Würzburg.
Im Jahr 2015 werden dann wieder Medizinstudierende aus dem Balkan nach Würzburg kommen und das langjährige Programm in das 20-jährige Jubiläum führen.
Ein großer Dank gilt Dr. Wolfram Braun und Dr. Renate Geiser von der IPPNW-Regionalgruppe Würzburg für ihren Einsatz und die Organisation des Programms – ebenso dem Missionsärztlichen Institut, welches das Programm jedes Jahr unterstützt und die Übernachtungsmöglichkeit im Haus St. Michael ermöglicht.
Johannes Riegel ist Medizinstudent aus Würzburg und engagiert sich im Projekt „Bridges of Understanding“ seit dem Jahr 2013.
Dein Bericht tut gut! Aber ich sollte im letzten Absatz nicht an erster sondern höchstens an dritter Stelle genannt sein.
Renate Geisers und Dein Einsatz für unser Programm war ungleich viel höher.
Danke für diesen sehr informativen Bericht über die wichtige und ausgezeichnete Veranstaltung mit und für die Med.Studenten aus den West Balkan Ländern. Danke für diesen Friedenseinsatz an Johannes Riegel, Wolfram Braun und Renate Geiser.