Kooperative Sicherheit und eine nuklearwaffenfreie Welt

Ursula Völker ist Ärztin und ehemaliges IPPNW-Vorstandsmitglied

Ursula Völker ist Ärztin und ehemaliges IPPNW-Vorstandsmitglied

OSZE Forum „Kooperative Sicherheit und eine nuklearwaffenfreie Welt“ in Basel, 4. und 5. Juli 2014

OSZE? Da war doch vor kurzem was mit einer Geiselnahme von Beobachtern in der Ukraine, oder?“ So lauteten die Reaktionen, wenn ich von meiner Reise zum OSZE-Forum in Basel berichtete. Mein Wissen über die „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ bestand im Vorfeld aus ähnlich bruchstückhaften Assoziationen. Dementsprechend war ich froh, gleich zu Beginn der zweitägigen Veranstaltung mehr zu erfahren.

Gegründet im Jahr 1975 unter dem Namen „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“, hat die OSZE inzwischen 57 Mitgliedsstaaten. Nach der Ukraine im Jahr 2013 liegt der Vorsitz in diesem Jahr in der Schweiz. Schwerpunkte für 2014 sind Sicherheit, Stabilität und die Verbesserung der Lebensbedingungen für die Menschen in Europa, außerdem die Stärkung der Handlungsfähigkeit der OSZE. Generell soll deren Bekanntheitsgrad über Öffentlichkeitsarbeit gesteigert werden. Eine echte Herausforderung, zumal die finanziellen Mittel der OSZE im Vergleich etwa zur NATO doch deutlich geringer ausfallen. „The world is overarmend and peace is underfunded“, dieses traurige Zitat von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon kam im Verlauf des Basler Forums immer wieder zur Sprache. Es beschreibt das Dilemma der OSZE und betrifft erfahrungsgemäß die meisten Akteure auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt.

Umso wichtiger erscheint daher das Anliegen der Teilnehmer des OSZE-Forums, der Spaltung von Zivilgesellschaft und Politik entgegenzuwirken. Ein erfolgversprechendes Konzept, wie sich zumindest unter den 24 internationalen Anwesenden schnell erwies. Ob Bundestagsabgeordnete, Parlamentarier aus der Schweiz, Schottland, Frankreich, Norwegen, Finnland und der Türkei, IPPNW-Ärzte oder Vertreter verschiedener anderer Nichtregierungsorganisationen wie der Mayors for Peace und Pugwash, das Interesse daran, die unterschiedlichen Blickwinkel nachzuvollziehen, war durchgehend spürbar. Der Appell, Parlamentarier zu informieren und vor allem zu aktivieren, richtete sich sowohl an die Mitglieder des „Parliamentarians for Nuclear Non-Proliferation and Disarmament“, kurz PNND, als auch an deren potenzielle Wähler. Besonders die jüngere Generation müsse stärker einbezogen werden.

Als IPPNW-Ärztin freute ich mich ganz besonders über diese Zielsetzung, von Medizinstudierenden entwickelte Projekte wie die „Dialogues with Decision Makers“ setzen schließlich seit Jahren auf eine solche Strategie. Ebenso vertraut war mir, was der Schweizer Reto Wollenmann von der Abteilung für auswärtige Angelegenheiten als ein in der Vergangenheit kaum beachtetes Argument für nukleare Abrüstung anführte: Über die humanitäre Sichtweise der Bedrohung durch Atomwaffen lasse sich die Debatte grundlegend verändern. Es sei zu hoffen, dass sie in Zukunft nicht mehr für Sicherheit, sondern unermessliche Zerstörung stünden und ihr Besitz als moralisch verwerflich geächtet werde. Senator Richard Tuheiva, Mitglied im französischen Verteidigungsausschuss, unterstrich die Bedeutung der humanitären Perspektive mit seinen Schilderungen des sich bis heute fortsetzenden Leides der Bewohner von Atomwaffentestgebieten im Pazifik.

Der Ton während der Panelsitzungen war trotz der freundlichen Atmosphäre nicht darauf ausgelegt, sich gegenseitig auf die Schulter zu klopfen. Die unbequeme Haltung, gewohnte eigene Positionen zu hinterfragen, ist sicherlich ein Schlüssel zu konstruktiver Bündnisarbeit. In diesem Sinne sei ein zentraler Punkt zukünftiger Anstrengungen zur nuklearen Abrüstung, die Atomwaffenstaaten mit an den Verhandlungstisch zu bekommen. Ute Finckh-Krämer, Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Unterausschuss zu Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung, plädierte in ihrem Beitrag dafür, die Bedeutung des Besitzes von Atomwaffen innerhalb der NATO zu reduzieren. Dafür brauche es ein alternatives Sicherheitskonzept, den Wechsel von einer „thread-based security“ zur „common security“. Die OSZE biete eine gute Plattform zur Vertrauensbildung.

Teil einer militärischen Allianz zu sein, bringe keine Sicherheit, betonte auch Matt Robson aus Neuseeland, ehemaliger Minister für Abrüstung und Rüstungskontrolle. Sein Heimatland ist seit 1987 nuklearwaffenfrei, dieser Schritt sei jedoch durch Befürchtungen einer außenpolitischen Isolation erschwert worden. Ein ermutigendes Beispiel und Motivation für die kommenden Monate! Bis zum „ICAN Civil Society Forum“ vom 6.–7. Dezember in Wien, das im Vorfeld der dritten internationalen Konferenz über die humanitären Folgen von Atomwaffen stattfinden wird, ist es nicht mehr lang. Am besten direkt im Terminkalender notieren, die Veranstaltung lässt auf eine Fortsetzung der lebhaften und produktiven Diskussionen in Basel hoffen.

Nähere Informationen zum ICAN Civil Society Forum:
http://www.icanw.org/campaign-news/global/join-us-in-vienna-ican-civil-society-forum/