Die Aktionskonferenz „Zivile Lösungen für Syrien – Was können wir als Friedensbewegung tun?“ am 13. Mai 2017 in Köln richtete ihr Augenmerk auf die Zivilgesellschaft in Syrien sowie auf die politisch Verantwortlichen in Deutschland. Ziel der Konferenz war es, der militärischen Logik mit einer friedenspolitischen Logik zu widersprechen. Die militärische Sicherheitslogik sieht überall Bedrohungen durch politische Gegner, Terrorismus und Fluchtbewegungen und will diesen „Gefahren“ für Wohlstand und Sicherheit mit immer mehr Rüstung und immer neuen Kriegen begegnen. Friedenslogik hält Ausschau nach präventiven Möglichkeiten, Konflikten zu begegnen, sucht nach Dialog und Kompromiss und sieht die Chancen, die auch in schwierigen Konstellationen liegen, wie z.B. der Ankunft sehr vieler Menschen aus anderen Ländern und Kulturen.
Zunächst kamen unterschiedliche Sichtweisen zur Entstehung der derzeitigen Lage in Syrien zur Sprache. Es bestand Einigkeit, dass es sich um eine komplexe Kombination aus dem Kampf für mehr Bürgerrechte, einem Bürgerkrieg und einem Stellvertreterkrieg mit dem Ziel des „Regime Change“ versus der Systemrettung sowie einem Bestandteil des fatalen „Krieges gegen den Terror“ handele. Einig waren sich die TeilnehmerInnen auch, dass die externen militärischen Maßnahmen die Situation ständig verschlimmern.
Die Beteiligung Deutschlands an den Kriegshandlungen zu beenden, ist Ziel der Kampagne MACHT FRIEDEN. Ebenso wie die Kooperation für den Frieden verstehe sie sich als eine gewaltfreie Initiative, die sich keinem politischen „Lager“ zuordnen lassen wolle. Sie sei der Überzeugung, dass ein Prozess hin zum Frieden nur auf politischem Wege ohne Gewalt nachhaltig sein könne, sagte Dr. Jens-Peter Steffen, Sprecher der Kooperation für den Frieden und Geschäftsstellenleiter der IPPNW in Berlin.
Bei dieser Kampagne mit einem Trägerkreis von inzwischen 25 Organisationen geht es um die Bekanntmachung und Weiterentwicklung ziviler Konfliktbearbeitung. Der Trägerkreis fordert, den Krieg nicht weiter durch militärische Unterstützung der Konfliktparteien anzufeuern. Stattdessen müssen lokale und regionale Waffenstillstände und waffenfreie Zonen unterstützt werden. Wahrgenommen und gefördert werden sollten auch die von SyrerInnen durchgeführten innersyrischen Versöhnungsprozesse. Es braucht zudem legale Möglichkeiten, aus Kriegsgebieten nach Europa und in andere sichere Gebiete auszureisen. DeserteurInnen und KriegsdienstverweigererInnen aus allen Kriegsgebieten muss ein Bleiberecht zuerkannt werden. Gleichzeitig braucht die Region ein Hilfsprogramm, einschließlich Perspektiven für die Menschen in den Flüchtlingslagern.
Deutschland muss die diplomatischen Beziehungen zu Syrien wieder aufnehmen, Verhandlungsprozesse unter Einbeziehung aller Konfliktparteien nach Kräften unterstützen und sich für eine ständige Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen und Mittleren Osten (KSZNMO) nach dem Vorbild der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) einsetzen. Dabei darf sich Diplomatie nicht auf die Ebene der Staatsoberha¨upter und militärischen AnführerInnen beschränken. Die Zivilgesellschaft, vor allem solche Gruppen, die sonst bei Friedensverhandlungen traditionell außen vor bleiben, z.B. syrische Frauen und Frauengruppen sowie VertreterInnen ethnischer und religöser Minderheiten und gewaltfreier Gruppierungen sind unverzichtbare Teile der Lösung. Es gilt, aus dem vorhandenen Friedenswillen, den Erfahrungen und aus dem Reichtum der Ideen zu schöpfen, die in der syrischen Gesellschaft vorhanden sind.
Die Konferenz wollte eine weitgehend gemeinsame Sprache finden und Wege aufzeigen, die deutsche Syrienpolitik zu verändern. Die Aktionsorientierung sollte dazu anregen und befähigen, vor Ort aktiv zu werden. Mit dem Ziel, PolitikerInnen auf zivile Alternativen zu Militäreinsätzen anzusprechen, wurden Workshops zur Graswurzellobbyarbeit, zur Social-Media-Arbeit sowie Argumentationstrainings angeboten.
Die Ergebnisse der Konferenz werden demnächst in einer Dokumentation zugänglich gemacht und u.a. auf der Homepage der Kampagne MACHT FRIEDEN veröffentlicht. Dort finden sich auch kontinuierlich aktualisierte Handreichungen zu Gesprächen mit den KandidatInnen für die Bundestagswahl, zu Straßenaktionen, Diskussionsveranstaltungen.
Susanne Grabenhorst ist stellvertretende Vorsitzende der deutschen IPPNW.