Einen Tag nach dem Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrages fand am 23. Januar 2021 die diesjährige IPPNW-Peace Academy statt. Wie momentan nötig, hatte sich das Orgateam entschieden, das Seminar in den digitalen Raum zu verlegen. Durchaus schweren Herzens, denn die Peace Academy lebte in den letzten Jahren vom persönlichen Austausch und den interaktiven Methoden. Umso schöner war es, beschwingt von den vielen Aktionen am Tag zuvor, mit 28 Menschen über Frieden zu sprechen. Notgedrungenermaßen war das Programm auf eine 5,5-stündige Onlineveranstaltung reduziert worden. Frage nach dem Frieden-Machen, der wir uns aus verschiedenen Perspektiven angenähert haben. Dabei wurden wir von unserer erfahrenen Moderatorin Florencia Benitez-Schäfer begleitet. Unterstützt hat die Peace Academy in diesem Jahr die Bertha-von-Suttner-Stiftung der DFG-VK.
Nach einem Willkommen durch IPPNW-Vorstandsmitglied Claudia Böhm durften wir uns in Kleingruppen kennenlernen. Dabei konnte die Brücke aus dem digitalen Raum in das persönliche Umfeld geschlagen werden. Anschließend stellten sich zwei Initiativen vor: Ruth Rohde beschrieb das Engagement von ICAN und die Notwendigkeit, Atomwaffen zu ächten und dadurch eine friedlichere Welt zu schaffen. Heike Kammer berichtete von ihrer langjährigen Arbeit bei den Peace Brigades International, die durch die Präsenz vor Ort Menschen in gewaltsamen Kontexten schützen. Beide Impulsvorträge waren spannend und in ihren gegensätzlichen Ansätzen bereichernd: einerseits auf der internationalen Bühne der Vereinten Nationen und andererseits in lokalen Kontexten wie bspw. vom Landgrabbing betroffenen Gemeinden im kolumbianischen Regenwald.
Prof. Hanne-Margret Birckenbach referierte zum Konzept der Friedenslogik. In knapper Zeit stellte sie einleuchtend dar, wozu wir die Friedenslogik brauchen: als eine Vorgehensweise, um Friedensprobleme zu lösen. Zunächst ging es um eine Definition von Frieden um dann auf die fünf Prinzipien der Friedenslogik einzugehen: Gewaltprävention, Konflikttransformation, Dialogverträglichkeit, Interessensentwicklung und Fehlerfreundlichkeit. Es folgte eine angeregte Diskussion zur Umsetzung, aber auch zur Rolle der Friedens- und Konfliktforschung als wissenschaftliche Grundlage für Friedensarbeit und Politik. Gerne hätten wir Zeit gehabt, uns noch tiefer mit der Friedenslogik zu beschäftigen.
Im letzten Teil der Veranstaltung waren die Teilnehmer*innen aufgefordert, mit kreativen Methoden darüber zu reflektieren, wie sie selbst Friedensstifter*innen sind und sein können. Dazu dienten selbstgemalte Bilder und Skizzen einerseits zur Frage „Was ist Frieden?“ und andererseits zu eigenen Motivationen und Fähigkeiten. Immer wieder wurde das Bedürfnis deutlich nach einem Gleichgewicht zwischen Kraft und Ausgeglichenheit im Inneren und dem verbindenden gemeinsamen Aktivismus und Engagement.
Die Abschlussrunde warf noch wichtige Fragen auf: Müssen wir uns nicht mehr auf die „Hard Facts“ der Friedensforschung konzentrieren und so evidenzbasierte
Politik einfordern? Welche praktischen Fertigkeiten können wir dazu lernen, z.B. in Form von gewaltfreier Kommunikation oder Zivilcourage? Und wie kommt es eigentlich, dass die Peace Academy überwiegend von Frauen organisiert und auch besucht wird? Wie können wir das ändern?
Wir sind sehr froh, die Peace Academy nicht abgesagt, sondern uns trotz Beschränkungen getroffen zu haben. Und hoffen gleichzeitig auf ein langes Wochenende voller Körpermethoden und Kaffeepausen-Schnack im nächsten Jahr!
Laura Wunder ist Mitarbeiterin der IPPNW-Geschäftsstelle und hat die Peace Academy mit organisiert.