Um ein zweites Hiroshima zu verhindern, müssen Atomwaffen geächtet werden

Hiroshima-Gedenktag

Gedenken der Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki

Vor 67 Jahren, am 6. August, wurde die erste Atombombe, mit einer Sprengkraft von 15.000 Tonnen TNT, über Hiroshima gezündet. Zehntausende wurden durch die Druckwelle und den Feuerball getötet, die die Stadt verschlangen. Eine ähnliche Anzahl erlag in den folgenden Tagen und Monaten der Strahlenkrankheit und ihren Verletzungen. Bis Ende 1945 starben 140.000 Menschen aufgrund dieser einzelnen Bombe. Drei Tage später wurde Nagasaki von einer Plutoniumbombe erschüttert. Es war dasselbe Design, das die Vereinigten Staaten drei Wochen früher in der Wüste New Mexicos getestet hatten, was den Chefwissenschaftler des Manhattan Projects zu der Reflexion veranlasste, er sei ein „Zerstörer der Welten“ geworden. Über die nächsten 40 Jahre sammelten die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats (USA, Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und China) etwa 70.000 Atomwaffen an. Zusammengezählt erreichten sie eine Sprengkraft von 15 Millionen Tonnen TNT.

Im Oktober diesen Jahres wird sich die Kubakrise zum 50. Mal jähren, in der Präsident Kennedy und Chruschtschow es schafften – mit so viel Glück wie Verstand – die Welt vom Abgrund eines Atomkriegs zu retten. Es gab danach mehrere weitere Beinahe-Katastrophen, ausgelöst durch Fehleinschätzungen und Säbelrasseln, bevor die Zivilgesellschaften der Welt den Druck aufbauten, der zu einer Kaskade von Abrüstungsbemühungen führte und den Kalten Krieg beendete. Um zu erklären, warum er 1986/87 auf US-Präsident Reagan zuging, um über atomare Abrüstung zu diskutieren, verwies Präsident Gorbatschow sowohl auf die Friedensbewegung als auch auf Studien zum „Nuklearen Winter“ von Wissenschaftlern aus den USA und der Sowjetunion, die zeigten, dass ein Atomkrieg zwischen den Vereinigten Staaten und der UdSSR weltweiten Frost und Verwüstungen verursachen würde, die das Leben auf der Erde auslöschen könnten.

Zwanzig Jahre, nachdem die Berliner Mauer niedergerissen wurde, ziehen es die meisten Menschen vor, die beängstigende Tatsache zu ignorieren, dass immer noch Tausende Atomwaffen sämtliches Leben auf der Erde bedrohen. Westliche Politiker und Medien stellen es so dar, als ob die Hauptprobleme Irans Atomprogramm und Atomterrorismus seien. Iran aber besitzt faktisch keine Atomwaffen und Ayatollah Khamenei nannte sie erst kürzlich „haraam“ – nach islamischem Recht verboten. Nichtsdestotrotz geben die immer schneller fortschreitende iranische Urananreicherung und die damit verbundene Atom- und Raketenforschung Grund zur Sorge, zumindest deshalb, weil Nachbarn wie Pakistan, Indien und Israel Atomwaffen besitzen, und eine iranische Atomwaffenfähigkeit die Sicherheit und die Beziehungen im Nahen- und Mittleren Osten verändern würde, ob Teheran tatsächlich Waffen bauen würde, oder nicht.

Israel, Pakistan und Indien besitzen insgesamt 300-400 Atomwaffen, zusätzlich zu den fast 19.000 Atomwaffen der 1968 im Nichtverbreitungsvertrag (NVV) anerkannten fünf Atomwaffenstaaten. Diese Arsenale und die dazugehörigen Doktrinen und Operationen stellen die Bedrohungen dar, über die wir uns die meisten Sorgen machen sollten. Ein umfassender Atomkrieg mag zwar weniger wahrscheinlich geworden sein, aber aktuelle Studien zeigen, dass ein regionaler Atomkrieg eine globale Hungersnot auslösen würde, die über eine Milliarde Menschen gefährden würde.

Die neue Studie zum „Nuklearen Winter“ ergänzt die Forschung der 1980er, indem sie den Einsatz von 100 Atomwaffen der Größe der Bombe von Hiroshima auf urbane Ballungsräume in Indien und Pakistan untersucht. Dieses regional begrenzte Szenario (0,04% der gesamten Sprengkraft aller heutigen Arsenale) erkennt die Fehlbarkeit der Abschreckungstheorie an, und dass misstrauische Nachbarn die Risikofaktoren reproduzieren könnten, die zur Kubakrise geführt haben, inklusive Fehleinschätzungen, gescheiterter Kommunikation, militärischer Eskalation und Kommandeuren, die möglicherweise außer Kontrolle geraten. Wachsende Kapazitäten für Cyberkrieg in manchen Staaten fügen dieser explosiven Mischung eine weitere unberechenbare Gefahrendimension hinzu.

Millionen Tonnen Ruß und Rauch würden von den Atomexplosionen in die obere Atmosphäre gewirbelt. Der Himmel würde sich verdunkeln, die Temperaturen auf der Erde würden um durchschnittlich 1,25 °C fallen und Niederschlag würde deutlich weniger werden. Zusätzlich zu der weitreichenden radioaktiven Kontamination, würden diese Klimaveränderungen für ein Jahrzehnt anhalten und verheerende Konsequenzen für die Landwirtschaft sowie Gesundheit und Lebenszyklen vieler Spezies nach sich ziehen. Neben den Zehntausenden, die durch die direkten Folgen von Atomangriffen auf die Großstädte einer Region wie Südasien sterben würden, würden noch über eine Milliarde Menschen der Gefahr ausgesetzt zu verhungern. Epidemien und weitere Konflikte würden einen zusätzlichen Tribut fordern.

Das Rote Kreuz stellte fest, jegliche Versuche zu reagieren oder den Opfern humanitäre Hilfe zu leisten seien hoffnungslos zum Scheitern verurteilt, wenn Atomwaffen heute eingesetzt würden. Die neuen Klima- und Medizinstudien zeigen, dass ein regional begrenzter Atomkrieg humanitäre und medizinische Konsequenzen nie da gewesener Ausmaße nach sich ziehen würde, egal ob die Menschen in einer „atomwaffenfreien Zone“ wie Afrika, Lateinamerika, Ozeanien, Zentral- und Südostasien leben.

Erinnern wir uns an die verheerende Zerstörung, die zwei relativ kleine Atombomben brachten, können wir es uns nicht leisten, selbstzufrieden zu sein. Proliferation und nukleare Bedrohungen werden weiter existieren, solange manche Staaten diese abgrundtief unmenschlichen Massenvernichtungswaffen für nützlich erachten und an ihnen festhalten. Ein Abkommen über eine Ächtung von Atomwaffen ist notwendiger und erreichbarer als jemals zuvor. Diese Gelegenheit, die Gefahren durch Atomwaffen zu eliminieren, darf nicht vertan werden.

Dr. Rebecca Johnson, Akira Kawasaki und Dr. Tilman Ruff, Vorsitzender der International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN)