
Delegierte, die in der Wiener Hofburg ankamen, wurden zunächst von einem Team des Internationalen Roten Kreuzes dekontaminiert. Foto: IPPNW/Alex Rosen
Gestern war der erste Tag der Staatenkonferenz hier in der Wiener Hofburg. Zur Erinnerung: Es geht um die Humanitären Folgen von Atomwaffen. Schon bei der Auftaktveranstaltung setzte der österreichische Außenminister Sebastian Kurz die Messlatte hoch („Wir können unsere Sicherheit nicht auf ewig unserem Glück überlassen“, „Es ist an der Zeit, von Wörtern zu Taten überzugehen“, „Wir müssen den Moment nutzen, Atomwaffen endlich abzuschaffen.“) Er hatte sich für diese Botschaft gewichtige Unterstützung geholt: Eine Rede des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon wurde verlesen, die eine ähnliche Stoßrichtung hatte, ebenso ein Grußwort von Papst Franziskus. Auch Peter Maurer, Präsident des Roten Kreuzes und Angela Kane, UN-Abrüstungsbeauftragte, riefen dazu auf, endlich von Worten zu Taten überzugehen. Besonders beeindruckend waren die persönlichen Erinnerungen von Setsuko Thurlow, einer Hibakusha aus Hiroshima.
Wie relativ all diese Bekundungen sein können, zeigte schon die erste Wortmeldung aus dem Publikum: Die Delegation der USA setzte sich erstmal dreist über das Protokoll hinweg und nutzte die Fragestunde für ein Statement, in dem sie klar stellte, dass sie sowohl einer Atomwaffenkonvention als auch einem Vertrag zur Ächtung von Atomwaffen entgegenstehe. Großbritannien als zweite in Wien anwesende offizielle Atomwaffenmacht hingegen verhielt sich eher ruhig. Der Rest der fünf offiziellen Atommächte, China, Russland und Frankreich, boykottierten die Wiener Konferenz und schickten gar keine Delegationen. Sie sind, wenn man den Gerüchten Glauben schenkt, not amused über die angelsächsischen „Streikbrecher“. Ob dieser Bruch in der vormals engen Abstimmung der „P5“ (fünf permanenten Sicherheitsratsmitglieder) nun ein Erfolg von ICAN und der humanitären Initiative ist oder langfristig zu Problemen führen könnte, ist noch unklar. Auf jeden Fall wird es als diplomatischer Erfolg gefeiert, dass die USA und Großbritannien ihren Boykott aufgeben haben und sich dem Prozess nicht länger verschließen. Insgesamt kamen 158 Staaten nach Wien, mehr als nach Nayarit und Oslo.
Der Rest des Tages war einer langen Reihe an Vorträgen zu den katastrophalen gesundheitlichen und ökologischen Folgen von Atomwaffen, den Risiken eines unbeabsichtigten Atomwaffeneinsatzes und Szenarien eines Atomkrieges im 21. Jahrhundert gewidmet. Insgesamt viel gute Information, interessante neue Erkenntnisse, vor allem für die Delegierten, und sehr bewegende persönliche Botschaften der Betroffenen von Atomwaffentests aus den USA, Australien und den Marshallinseln.
Abends gab es dann noch eine Premiere des Films „The Man who saved the World“ über den sowjetischen Leutnant, der 1983 entgegen der gegebenen Befehle den Knopf zum Abschuss der sowjetischen Atomwaffen nicht drückte – und damit die Welt rettete. Sehr sehenswert. Heute sind wir alle auf die Generaldebatte gespannt und hoffen, dass unsere Gespräche mit der deutschen Delegation Früchte getragen haben und sich Deutschland nicht mehr gegen den Prozess hin zu einer Ächtung von Atomwaffen stellt wie noch in Mexico. Wir werden berichten…
Bilder und mehr Informationen gibt es auf www.icanw.org und auf den entsprechenden Flickr und Twitter-Seiten (#HINW2014vienna, #goodbyenukes)
Dr. Alex Rosen ist Kinderarzt und stellvertretender Vorsitzender der deutschen Sektion der IPPNW. Xanthe Hall ist Referentin der IPPNW für Abrüstung und Atomwaffen.