
Foto: Jakob Huber/Campact, CC BY-SA 2.0, creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0
Hohe Zäune, Stacheldraht, Schießbefehle, Ausreisesperren, biometrische Pässe, Blockierung der Grenzen durch aufgerüstetes Militär und Soldaten, Internierungslager, Einsperren von Menschen, die ihr Land verlassen wollen – bis in den 80er Jahren eine im Westen zu Recht kritisierte blutige Praxis osteuropäischer Staaten, die glücklicherweise dann an den eigenen Widersprüchen in sich zusammenbrach. Es waren die Menschen selbst, die dieses unfreie Kontrollregime über die eigenen Bürger zu Fall brachten.
Aber genau diese repressive, gewaltsame Politik wird zurzeit durch die EU mit 14 Milliarden Euro gefördert und vielen abhängigen Staaten und Regierungen aufzuzwingen versucht. Deutschland ist das Kraftzentrum dieser neuen Afrika-Politik. Gegen Geld wird die Ausreise in Richtung Europa unter Strafe gestellt, manche sperren Menschen lautlos auch ohne gesetzliche Grundlagen ein. Deutsche Firmen errichten mitten in Afrika hohe Zäune, wo traditionellerweise die durch die Kolonialmächte geschaffenen Grenzen bisher durchlässig waren. Durch von der deutschen und europäischen Rüstungsindustrie aufgerüstete Grenzposten blockieren Migrationsrouten, gegen viel Geld nehmen Staaten auch Menschen zurück, die gar nicht aus diesen Staaten stammen (moderne Verfügungsgewalt über Menschen). Und manche Staaten schließen auf Geheiß der EU nicht nur für Transitmigranten, sondern auch für ihre eigenen Bürger, ihre Grenzen und sperren sie so in „große Gefängnisse“ ein.
Und uns EU-Bürger wird dieses als Fluchtursachenbekämpfung, Migrationskontrolle, als neue Entwicklungshilfe verkauft. „Wir wollen dabei helfen, dass die Menschen erst gar nicht die lebensgefährliche Überfahrt nach Europa beginnen, das kriminelle Schlepperwesen austrocknen.“, hört man von Regierungsseite unisono verkünden, um der AFD die politische Show zu stehlen. Denn all dies ist nichts Anderes als Symbolpolitik.
Niemand verlässt seine Heimat ohne Grund: Die Flucht- und Migrationsgründe können individuell sehr vielfältig sein, basieren aber in der Regel auf existenziellen Gründen. Hunger, Krieg, Gewalt, Unterdrückung, Verfolgung, Landgrabbing, ungerechte zerstörerische Handelsbeziehungen, durch Industriestaaten verursachter globaler Klimawandel, durch exzessive Rüstungsexporte und Aufrüstung repressiver diktatorischer Regime. Wer redet von der jüngsten Fluchtwelle von über 1 Mio. Menschen im Süden von Äthiopien wegen eines Landverteilungskonfliktes um die letzten Ressourcen an Grund und Boden. Wo sind die Proteste gegen die horrenden Summen für die militärische Intervention deutscher Soldaten in Mali, die nicht den betroffenen Menschen, sondern nur einem korrupten Regime Sicherheit bietet? Nicht die eigenständige nachhaltige Entwicklung der afrikanischen Regionen steht im Mittelpunkt der „neuen“ Entwicklungspolitik, sondern die Migrationskontrolle, die zwangsläufig nur repressiv sein kann, steht im Mittelpunkt politischer Bemühungen.
Die Geheimverhandlungen mit den oft korrupten, repressiven diktatorischen Regimen werden ohne Beteiligung der afrikanischen Zivilgesellschaft geführt, einer ständig wachsenden Zivilgesellschaft, deren Stimme und deren Konzepte wir zum Durchbruch verhelfen müssen. Sonst hört das Sterben im Mittelmeer auch weiterhin nicht auf.
Ernst-Ludwig Iskenius ist IPPNW-Mitglied und engagiert sich u.a. im Arbeitskreis Flucht & Asyl der IPPNW.
–“Hohe Zäune, Stacheldraht, Schießbefehle, Ausreisesperren, biometrische Pässe, Blockierung der Grenzen durch aufgerüstetes Militär und Soldaten, Internierungslager, Einsperren von Menschen, die ihr Land verlassen wollen – bis in den 80er Jahren eine im Westen zu Recht kritisierte blutige Praxis osteuropäischer Staaten, die glücklicherweise dann an den eigenen Widersprüchen in sich zusammenbrach. Es waren die Menschen selbst, die dieses unfreie Kontrollregime über die eigenen Bürger zu Fall brachten.”——
Der Autor hat etwas Grundsätzliches meiner Meinung nach nicht verstanden. Damals wurden Menschen eingesperrt und sie wehrten sich dagegen. Heute wollen diese Menschen in ihrem Land nicht von illegaler Migration bedrängt werden und wehren sich dagegen. Es sind genau die Menschen, die ein Kontrollsystem ihrer Außengrenzen heute fordern, weil sie die innerhalb ihres Staatsgebietes erlangte Freiheit und Sicherheit dadurch schützen wollen!