„Die Regierung muss wieder einen demokratischen Weg beschreiten“

IHD-Logo (Illustration: IPPNW)

IHD-Logo (Illustration: IPPNW)

Onlinegespräch mit dem Menschenrechtsverein IHD in Diyarbakir am 26. März 2021

Trotz technischer Probleme und abbrechender Verbindung ist unsere Sitzung mit Abdullah Zeytun aus dem Vorstand des Menschenrechtsvereins IHD Diyarbakir konzentriert und reich an Informationen. Er berichtet, dass seit 2016 für die Opposition alle Demonstrationen und Erklärungen im Freien verboten sind. IHD kann also weiterhin nur Presseerklärungen im eigenen Büro abgeben. Neu sei, dass Polizei und Sicherheitskräfte fast täglich ins IHD-Büro eindringen, um Erklärungen und Aktionen direkt mitzuschneiden und Listen der Teilnehmer*innen zu erstellen. Gegen Kolleg*innen liefen Verfahren. Es habe auch einige Freisprüche gegeben. Niemand von ihnen sei zur Zeit im Gefängnis..

Isolationshaft versus Sammelzellen

Auf unsere Frage nach den Gefangenen berichtet Zeytun, dass vor einem Monat eine große Delegation von IHD und Anwälten verschiedene Gefängnisse besucht habe. Sie haben Ahmet Altan, die Ex-HDP-Vorsitzenden Dermirtas und Kisanak und viele andere besuchen können. Weiterlesen

Von Rechtsstaat zum Willkürstaat

2018 sei ein negatives Jahr gewesen, so die Blanz des türkischen Menschenrechtvereins in Diyarbakir. Die Menschenrechtsverletzungen, der Druck auf die Bevölkerung und die Unterdrückung der legalen politischen Arbeit hätten enorm zugenommen “Viele Wege, die früher offen waren, sind nun verschlossen”. Der IHD könnte nicht alle Menschenrechtsverletzungen nachweisen und dokumentieren, die Zahlen, die sie in ihrem Bericht 2018 zusammen gestellt hätten, seien Mindestzahlen. Sie würden auf Berichten von Anwälten, Familienmitgliedern oder Briefen von Gefangenen basieren. Den 30 IHD-Büros in der Türkei sei es nicht möglich, eigene Untersuchungen anzustellen oder gar in die Gefängnisse zu gehen. Weiterlesen

Wer sich offen gegen den Krieg äußert, muss mit Haft und Verfolgung rechnen

Die neuen bunten Plastikplanen schirmen die zerstörten Gebiete in der Altstadt Diyarbakirs ab. Foto © IPPNW

Seit dem 10. März 2018 sind sieben FriedensaktivistInnen und IPPNW-Mitglieder mit einer Dolmetscherin aus Deutschland in die Türkei gereist. Wie schon seit 20 Jahren wollen wir Mitglieder der Zivilgesellschaft treffen und bestärken und uns ein Bild über die Stimmung im Land und die Lebensbedingungen machen. Der Schwerpunkt unseres Interesses liegt im Südosten, in den mehrheitlich kurdisch bewohnten Gebieten, die unter der landesweiten Entwicklung hin zu einer Präsidialdiktatur und unter dem Ausnahmezustand besonders leiden. Weiterlesen

Das Herz von Diyarbakir ist getroffen

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Polizeigitter am Dag Kapi, Foto: privat

Wir erreichen Diyarbakir über einen nagelneuen Flughafen. Auf der Taxifahrt in die Stadt scheint alles seinen normalen Gang zu gehen. Dichter Verkehr, die Läden sind geöffnet, die Menschen laufen geschäftig hin und her. Wir sehen ein paar gepanzerte Fahrzeuge und Wasserwerfer. Auf der Fahrt zum IHD (Menschenrechtsverein) kommen wir am Dag Kapi (Stadttor) vorbei. Der Platz ist durch Polizeigitter abgesperrt.
Im Büro des IHD treffen wir einen mutlosen, erschöpften Abdusselan Inceören, dem das Entsetzen ins Gesicht geschrieben ist. Niemand habe sich vorstellen können, dass die Staatsmacht derart brutal zuschlagen würde unter Missachtung aller Gesetze. Jedes aber auch jedes einzelne Menschenrecht sei in den von der Ausgangssperre betroffenen Stadtteilen verletzt worden. Weiterlesen